Dalton Highway

Am Sonntag den 22.06. kommen wir in Fairbanks an. Es ist der Tag nach der Mittsommernacht und die Einwohner von Fairbanks feiern dies mit einem kleinen Festival zu dem wir uns gerne dazugesellen. Bei brütender Hitze schlendern wir durch die vollen Straßen und genehmigen uns ein Rentiersteak und einen Büffel-Rentier-Jalapeno-Zwiebel-Käse-Hotdog. Zum Nachtisch gibt es eine „Medium“ Portion Popcorn direkt aus der Tonne, gerührt von einem dicken Amerikaner, dem die schweißtreibende Arbeit offensichtlich zu schaffen macht. Die Portion war dann allerdings doch größer als unsere abtrainierten Mägen zu sich nehmen konnten.
Außerhalb der Stadt finden wir an einer Radarstation auf einem Berg einen gemütlichen, aber vielleicht auch etwas verstrahlten Stellplatz für unser Zelt. Am nächsten Morgen fahren wir wieder nach Fairbanks rein, um unser Lebensmitteldepot aufzufüllen. Zur besonderen Freude von Stephan geht es danach zum Mayflower Buffet. Dort gibt es für ca. 7,50 EUR ein „All You canEat“ Buffet mit asiatischer und amerikanischer Küche. Von Suppe über Frühlingsrollen, Gemüse, Pommes, Fleisch, Salat, Obst, Kuchen und Eiscreme ist alles dabei. Das ist für uns die Gelegenheit nochmal richtig reinzuhauen, denn sonst gibt es meistens nur Campingfood und das nicht allzu üppig.

Frisch gestärkt machen wir uns auf dem Weg zum Dalton Highway. Diese 414 Meilen lange Schotterpiste führt bis an den Arktischen Ozean nach Deadhorse / Prudhoe Bay. Wir hatten von vornherein nicht geplant bis ganz zum Ende zu fahren, sondern wollten mindestens den Arctic Circle (nördl. Wendekreis) erreichen. Der Dalton Highway ist die Lebensader für die großen Companies, welche am Arktischen Ozean Öl fördern. Auf der Piste trifft man daher eigentlich nur die großen Trucks, Fahrzeuge für Straßenpflege und einige Touristen mit Camper, Motorrad oder gar Fahrrad. Dreisterweise gewähren die Ölfirmen nur Zugang zum Ozean, wenn man ihnen 59 USD für eine Tour in den Rachen schmeißt. Anderweitig kann man nicht zum Wasser gelangen. Auf solche Art Events verzichten wir gerne und somit lohnt es sich für uns noch weniger die komplette Strecke zu fahren.

Wir fahren im Sonnenschein auf trockener Piste. Nach einer Zeit kommt man so richtig in den Fahrfluss, sodass es immer mehr Spaß macht und man irgendwann einfach nur ein dickes Grinsen im Gesicht hat. Dies macht sich auch beim Spritverbrauch bemerkbar. Denn wenn keine lästigen Ampeln, Dörfer oder dergleichen die Fahrt unterbrechen, sinkt auch der Verbrauch. Wir erreichen somit eine Reichweite von deutlich über 500km mit nur einer Tankfüllung. Am frühen Abend erreichen wir den Yukon River, einen Fluß den man bisher nur von Abenteuergeschichten kennt. Es ist schön ihn einmal in Echt zu sehen und auch unsere schwitzigen Füße freuen sich über Wasserkontakt. Der Apfelmus schmeckt dann am Fluss in der Abendsonne doppelt so gut. Auch am nächsten Tag sind wir mit Sonne gesegnet und fahren weitere 140 Meilen auf der Piste durch die sich immer verändernde Landschaft. Wir fahren durch borealen Nadelwald und an einigen Stellen sind die Spuren vergangener Waldbrände deutlich zu erkennen: schwarze Baumstümpfe ragen geisterhaft empor, während von unten bereits neues Leben nachwächst. Dieser Vorgang wiederholt sich alle 70-200 Jahre und ist ein natürlicher Kreislauf. Später bekommen wir den Weitblick über das einzigartige Gelände der Tundra. Immer wieder sehen wir die Alaska Pipeline, welche das Öl vom Arktischen Ozean bis runter an den Golf von Alaska nach Valdez transportiert. Die Pipeline ist 800 Meilen lang, hat einen Durchmesser von 48 Zoll und der Ölfluss wird von 11 aktiven Pumpstationen gewährleistet. Die Baukosten beliefen sich im Jahre 1977 auf 8 Millarden USD und die Fertigstellungszeit betrug ca. 26 Monate. Das Öl für unseren nächsten Motorölwechsel kommt uns vielleicht gerade entgegen.

Wir fahren bis zum Sukakpak Mountain, Milepost 207 des Dalton Highway, und finden einen schönen Platz für unser Zelt am Fuße eines großen felsigen Berges. Zum Kochen gehen wir an den Fluß. Zum einen gibt es dort weniger Mücken und zum anderen sollte man Zeltplatz, Kochstelle und Lebensmittelaufbewahrung stets trennen, um Bären nicht ans Zelt zu locken. Auf diese Regeln achte ich strikt, auch wenn es etwas mehr Arbeit bedeutet und es manchmal nervt. Doch selbst eine Hose mit einem BonBon in der Tasche hat nichts im Zelt zu suchen. Diese strikte Trennung müssen wir noch in Kanada und bis in weite Teile in die USA einhalten. Wir haben darum zwei der Motorradkisten auserkoren, welche alle Lebensmittel sowie Zahnpasta, Öle und alles was Duftstoffe absondert, transportieren. Diese deponieren wir dann vor dem Schlafen gehen ca. 100m vom Zelt entfernt. Immer wieder wurde uns von Einheimischen bestätigt, dass wir so richtig handeln. Gerade auf Campingplätzen gibt es leider immer wieder Deppen, die ihren Nahrungsmittelabfall dort herumliegen lassen. Einmal fanden wir Erdnussschalen in einer Feuerstelle (Nüsse sind eine der Hauptspeisen von Bären). „Camping“ Bären kehren immer wieder zu solchen Stellen zurück, da sie gelernt haben, dass es dort etwas zu holen gibt. Leider weiß man nie, wer was auf einem Campingplatz zuvor gemacht hat. Daher ist es im Hinblick auf Bären unproblematischer wild zu campen.

Zurück zum Highway. Am Tag 3 fahren wir zurück zum Yukon River und bauen uns dort unser Lager mit Tarp-Überdachung für zwei Übernachtungen auf. Wir wollen die Zeit nutzen um zu Schreiben, unseren Kram zu sortieren, Wäsche zu waschen usw…
Am Abend treffen dort weitere Motorradfahrer ein. Wir kommen mit Ed aus Utah und Dena aus Calgary am Lagerfeuer ins Gespräch. Ed ist ein „echter“ Amerikaner: patriotisch und bewaffnet. Lässig steht er mit Cowboyhut am Feuer. Mit seiner schwedischen Axt zerschlägt er umherliegende Äste für das Feuer. Wenn er keine Axt dabei gehabt hätte, hätte er diese sicherlich mit seinen Zähnen durchtrennt. Als Nächstes zeigt er uns seinen Revolver, den er am Gürtel trägt. Ebenso findet sich dort ein Magazin, speziell für Bären und eines für „stopping man“. Aha. Wir stehen in der Nacht unter seinem Schutz: „If a bear comes, let me know, I will shoot him“. Beruhigt kriechen wir später in unsere Schlafsäcke. Die beiden sind sehr nett und wir unterhalten uns über Motorräder, Bären, den 2. Weltkrieg und aktuelle Bedrohungen aus China. Sie sind an einem Tag mit ihrem BMWs von Deadhorse im Schlamm bis hier hergefahren (über 360 Meilen) und freuen sich über die guten Heidenau Reifen (K60 Scout), welche wir selbst auch aufgezogen haben „…these Germans make good stuff…“.

Leider regnet es an unserem Rasttag kontinuierlich von morgens bis abends. Die Mücken werden nicht wie erwartet vom Regen vertrieben und so sitzen wir den ganzen Tag mit dem Mückennetz auf dem Kopf unter dem Tarp. Nichtstun wird abgelöst von Schlafen. Die Straße saugt sich immer weiter mit Wasser voll, die Pfützen werden größer und der Matsch quillt unter unseren Stiefeln hervor. Wir haben nur noch 60 Meilen bis zum Asphalt, doch die versprechen spaßig zu werden. Am nächsten Morgen sind wir um halb neun abfahrbereit und starten mit gemischten Gefühlen in die Schlammschlacht. Es regnet immer noch. Werden wir gut durchkommen oder vor lauter Schlamm nur so über die Piste rutschen? Die braune Gicht, welche die Trucks neben sich versprühen, sieht ebenfalls vielversprechend aus. Die ersten Meter sind etwas krampfig. Wie schnell kann ich in die Kurve fahren ohne zu rutschen? Kommt hinter der nächsten Kurve ein Truck angeschossen? Wir fahren über die Brücke über den Yukon und ich erinnere mich wie schön die Herfahrt war. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Straße wird dann zum Glück etwas besser und lässt sich nach etwas Gewöhnung doch recht gut bewältigen. Die Truckfahrer sind sehr rücksichtsvoll, gehen vom Gas und machen sogar extra für uns Platz, damit wir nicht zu viel Schlamm abbekommen. Kurz vor Ende der Strecke wird es nochmal spannend, da die Matschschicht tiefer wird. Die Heidenau K60 Scout Reifen machen jedoch einen guten Job und so findet das Vorderrad immer seine Spur. Total verschlammt kommen wir am Anfang vom Highway wieder an. Das Foto vor dem Schild und den verschlammten Maschinen ist ein obligatorisches Muss. Die restlichen 80 Meilen auf asphaltierter Straße nach Fairbanks fahren sich nun spielend leicht. Es hat nun auch aufgehört zu regnen. Das nächste Abenteuer kommt bestimmt.


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