Jasper & Banff – Paradies und Touristenhölle

29.Juni bis 01.August

Wir wollen uns die beiden Vorzeige-Nationalparks Kanadas anschauen, versprechen sie doch atemberaubende Landschaften vor den Kulissen der Rocky Mountains. Die Nationalparks sind groß, kosten Eintritt und wild campen in Straßennähe ist verboten. Ein Tageseintritt für zwei Personen kostet $19,60 und ist bis zum nächsten Tag 16:00 Uhr gültig. Daraus erwächst ein innerer Konflikt: einerseits möchten wir die schöne Natur genießen, andererseits haben wir die Zeit im Nacken, denn Zeit ist in diesem Falle Geld. Es ist unmöglich Jasper und Banff in einem Tag zu durchfahren, wenn man auch etwas sehen will. Also heißt es im Voraus die zur Verfügung stehende Zeit zu planen, um möglichst viel sehen zu können. Das Motto „Weniger ist manchmal Mehr“ können wir uns hier nicht so richtig zu Herzen nehmen. Wir suchen uns also kurz vor den Toren Jaspers einen Platz für das Zelt, damit wir am nächsten Morgen zeitig reinfahren können, um für die wertvolle Zeit im Nationalpark, für die wir bezahlen müssen, bestmöglich auszunutzen. Wir frühstücken am Pyramid Lake unser Brot mit Erdnussbutter und Cranberries. Schon geht es weiter zum Maligne Canon. Es ist sehr heiß und wir wollen nicht bei jedem Halt unsere Sachen wechseln, da dies einfach zu lange dauert. Dieses Problem zieht sich durch die ganze Zeit, die wir im Park verbringen. Sobald man stehen bleibt, um auch nur ein Foto zu machen, wird es einem ungemütlich warm. Hinzu kommt, dass uns am Visitor Center gesagt wurde, dass sich die Campingplätze schon gegen 11 Uhr füllen, also müssen uns ranhalten, damit wir noch einen Platz bekommen. Es ist zu weit, um mal eben zum Übernachten aus dem Park herauszufahren. So fahren wir zügig weiter, machen noch Halt an den Athabasca Falls und kehren dann am Mt. Kerkeslin Campground ein. Das Zelt steht nun und wir machen uns ohne Gepäck wieder mit den Motorrädern auf den Weg, um die Umgebung zu erkunden.

So landen wir am Columbia Icefield – einer der Hauptattraktion des Jasper NP. Vor uns breitet sich eindrucksvoll der Athabascan Glacier aus. Wir laufen zu dessen Fuße, wo sich bereits viele Leute tummeln. Auch wir wollen „auf“ dem Gletscher stehen und betreten das Eis. Schnell sehen wir, dass man immer weiter gehen kann. Wir bewegen uns also von den Massen weg und plötzlich befinden wir uns in der Eiswüste. Von den Gletscherforschern in Fairbanks haben wir gelernt, dass man direkt auf dem Eis gefahrlos gehen kann, da man eventuelle Spalten besser sehen kann. Gefährlich ist es, wenn man auf Schnee läuft und nicht sieht was sich darunter befindet. Da hier kein Schnee liegt und wir den Anstieg auch ohne Spikes schaffen, gehen wir immer weiter über die wellige und rutschige Oberfläche. Der kalte Wind macht uns zu schaffen. Diesmal sind wir froh, die Motorradsachen dabei zu haben. Die Sturmhaube ist ebenso recht hilfreich. Auf dem Gletscher zu stehen ist ein außergewöhnliches Gefühl und die Berge und weitere Gletscher ringsherum runden dies zu einem schönen Erlebnis ab. Am Rande des Gletschers führt eine Schotterpiste entlang. Bald bemerken wir die Trucks, die sich den Weg bergauf quälen. Es sind diese Ice Exploring Busse, welche ganze Touristenscharen auf einen höher gelegeneren Punkt des Gletschers fahren. Wir beschließen bis oben hin zu laufen und müssen dafür über ein paar Wasserläufe klettern. Oben angekommen befinden wir uns wieder unter den Menschenmassen. Die Touris haben circa 15 Minuten Zeit um ihre Fotos zu machen. Die Trucks, welche speziell zum Befahren der Gletscher gebaut wurden, sehen aufgrund ihrer riesigen Reifen imposant aus. Wir gesellen uns zu einem Bus voller chinesischer Touristen hinzu, die uns mit zurück ins Tal fahren lassen (Eisfelder bergab zu laufen macht nicht soviel Spaß wie bergauf). Unten angekommen, sehen wir dann, was solch eine Bustour auf den Gletscher kostet: $50! Pro Person! Das ist pure Abzocke. Ebenso lachen uns über den Glacier Skywalk, einer gläsernen Aussichtsplattform, kaputt. Mir ist bis jetzt noch rätselhaft, warum man diese mehrere Kilometer entfernt vom Columbia Icefield errichtet hat und dann mit einem phänomenalen Gletschererlebnis wirbt. Der Skywalk befindet sich direkt an der Straße, auf der jeder entlangfahren kann und dabei nichts für den Blick bezahlt. Das einzig besondere an der Plattform ist der gläserne Boden, durch den man in die Tiefe schauen kann (aber auch da befindet sich kein Gletscher). Man verspricht den Touristen ein atemberaubendes Erlebnis, führt sie entlang einem Gatter zu der Plattform und verlangt dafür $25 Eintritt. Wir sparen uns das natürlich, auch wenn mich mal interessiert hätte, ob es dort doch noch etwas gibt, wofür sich der horrende Eintrittspreis lohnt. Es ist schon traurig, wie die Touristen hier ausgenommen werden, für Dinge, die sie auch gratis haben könnten. Immerhin gibt es ein Kombi Paket, bei dem man für $65 die Gletschertour und den Skywalk erleben kann (haha). Aber es scheint zu funktionieren, die Massen kommen und sind begeistert.
Auf dem Campingplatz kommen wir mit Rajeeva ins Gespräch, ein Freude ausstrahlender Mensch aus Indien, welcher eine Fahrradtour von Kanada nach Südamerika macht. Ebenso treffen wir Susan aus San Diego, welche uns nachts im Schein ihrer Campinglampe wertvolle Tipps für Mexiko und Californien mitgibt, die wir uns eifrig notieren. Vielleicht haben wir eine Chance sie in San Diego wiederzusehen.

Am nächsten Tag fahren wir Stop-and-Go Rhytmus weiter. Wir stecken wieder in unserem Zeitproblem: Campingplatz finden bevor alle vergeben sind, aber dennoch wollen wir nicht überall nur vorbeifahren. Vom weltbekannten und hochgelobten Lake Louise waren wir nicht besonders angetan. Dieser Ort war eher zu vergleichen mit dem überfüllten Rheinufer in der Kölner Altstadt an einem sonnigen Wochenende. Es ist eigenartig, eine eigentlich schöne Szenerie wird für uns weniger schön, wenn zu viele Menschen dort sind. Wahrscheinlich ist die Erwartungshaltung, welche indirekt durch Werbung usw. geschürt wird auch zu groß. Würde man mehrere Stunden wandern und unvorbereitet vor diesem See mit den Bergen im Hintergrund stehen, von der Zivilisation unberührt und allein, wäre man mit Sicherheit überwältigt. So haben sich wohl die ersten Entdecker gefühlt. Aber hier und heute wo alles mit Infrastruktur erschlossen ist, mit einem riesigen Parkplatz und dem Superhotel direkt am Ufer, verliert die Szenerie an Schönheit.

Fazit: Beide Parks bieten schöne Natur, wobei Banff auf den ersten Eindruck imposanter wirkt. Man braucht jedoch mehr Zeit, wenn man nicht nur auf der Hauptstraße unterwegs sein will. Es sind unendlich viele Touristen unterwegs, die es irgendwie immer eilig haben und überholen wollen, auch oberhalb des Speedlimits und dies am besten noch mit riesigen Wohnwagen hinten dran. Im Vergleich zum Jahrespass der USA, für den wir nur $80 zu zweit bezahlt haben und mit dem wir eine vielfache Anzahl an Nationalparks sowie auch National Monuments besichtigen können, empfanden wir die Eintrittskosten für die Parks recht teuer. Ausgedehnte Wanderungen haben wir uns also gespart, da wir dazu in den US Parks mehr Zeit haben werden. Das hohe Touristenaufkommen schmälert etwas den Spaß an der Natur. Die Ruhe, welche man in der Natur sonst erfahren kann, hat man hier nicht. Es fühlt sich eher wie Sightseeing in einer größeren Stadt an. Bei einem nächsten Besuch würde ich mich eher von diesen Brennpunkten fernhalten und mehr Wanderungen unternehmen.


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