Slot Canyons

30.09. – 04.10.2014  
 
„Hm, ganz schön teuer“ – „Da kommen wir aber so schnell nicht wieder hin und es ist eine einzigartige Fotolocation“… nach einigem Überlegen entscheiden wir uns dann trotz des für uns relativ teuren Eintritts (28€ pro Person) dafür, den beliebten Antelope Canyon zu besuchen. Es ist ein sogenannter Slot Canyon, also eine sehr schmale Schlucht, die durch Wasser und Wind über Jahrtausende in den porösen Gestein geformt wurde. Im Colorado Plateau gibt es viele solcher Slot Canyons, doch der Antelope Canyon ist auf Grund seines vergleichsweise einfachen Zustiegs und der schönen Formen und Farben besonders beliebt geworden. Er liegt nahe der Stadt Page und dem Lake Powell in Arizona in Sichtweite eines größeren Kraftwerkes. Außerdem befindet er sich im Navajo Reservat und darf nur im Rahmen einer geführten Tour besichtigt werden. Durch die zusätzliche Gebühr, die für das Betreten des Reservates erhoben wird und das Monopol der wenigen indianischen Touranbieter, entsteht der hohe Eintrittspreis. Der Besucherandrang ist dennoch so groß, dass im Viertelstundentakt Gruppen von 10-15 Personen durch den Canyon geschleust werden.  
 
Es gibt zwei verschiedene Zugänge zum Canyon, die nicht weit voneinander entfernt liegen: den Upper und den Lower Antelope Canyon. Die beiden Abschnitte unterscheiden sich in ihrer Form: Der Upper Canyon hat einen breiten Grund und oben eine schmale Öffnung, der Lower Canyon hat einen schmalen Grund und oben ein breite Öffnung. Das führt zu verschiedenen Lichtspielen zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten. Reto und Andrea, die beiden Schweizer, die wir im Canyonlands NP getroffen hatten, waren schon dort. Sie haben uns den Tipp gegeben, dass der Lower Canyon trotz des niedrigeren Eintrittspreises aus ihrer Sicht etwas sehenswerter ist. Wir entscheiden uns also für den Lower Canyon.  
 
Von oben betrachtet ist der Slot Canyon eine völlig unscheinbare Felsspalte in einer kargen Umgebung, doch sobald wir die Stahlleitern hinabgestiegen sind, befinden wir uns in einer anderen Welt. Die Sandsteinformationen, die sowohl bizarre Kanten, aber meist harmonisch geschwungene Wellen hervorbringen, beeindrucken uns sehr. Die schmale Schlucht ist zum Teil mehr als 30m tief und die Öffnungen am Canyonrand lassen nur wenig oder zum Teil nur sehr punktuell das Sonnenlicht hinein scheinen. Doch genau das macht den Reiz aus, denn die Farbkompositionen der Steinwände aus Rot-, Orange- und Brauntönen, kommen so erst richtig zur Geltung. Circa 1,5 Stunden dauert die Tour durch dieses bemerkenswerte Naturschauspiel. Leider dürfen wir kein Stativ mit hinunter nehmen, sodass wir uns bei der gegebenen Lichtsituation mit hohen ISO Werten und kleiner Blende zufrieden geben müssen. Es gibt auch spezielle Fototouren, bei denen dann das Mitnehmen eines Statives erlaubt ist, doch dafür bezahlt man dann entsprechend mehr.  
 
Slot Canons sind prinzipiell immer mit Vorsicht zu genießen. Nach starken Regenfällen kann es hier zu Flash Floods kommen. Auch wenn es beim Canyon selbst nicht regnet und über ihm strahlend blauer Himmel ist, kann Wasser von kilometerweit entfernten Regenfällen plötzlich in einer meterhohen Flutwelle den schmalen Canyon durchströmen. Was sonst zur Herausbildung dieser wunderschönen Slot Canyons führt, kostete so im Jahre 1997 elf Touristen im Lower Antelope Canyon das Leben. Egal welchen Slot Canyon man begeht, man sollte sich vorher im Wetterbericht über Niederschläge in der weiteren Umgebung informieren.  
 
Den Antelope Canyon zu durchwandern ist definitiv ein schönes Erlebnis. Doch in Utah befinden sich noch zahlreiche andere Slot Canyons, die auch sehr farben- sowie formenreich und dabei kostenfrei und nicht so überlaufen sind. Allerdings sind diese meist schwieriger zu erreichen und erfordern zum Teil fortgeschrittene Kletterkünste oder manchmal sogar Neoprenanzüge, um Wasserstellen zu durchqueren. Tatjana und Michi hatten uns ja schon damals auf die Slot Canyons aufmerksam gemacht und so entscheiden wir uns dafür, im Grand Staircase Escalante National Monument (GSENM) einige dieser Slot Canons zu besuchen. Wir verabreden uns mit den beiden zu einem erneuten Treffen in einer Pizzeria in Escalante. Es ist schön, sich mal wieder ausführlich in deutscher Sprache mit anderen Reisenden auszutauschen. Auch im übertragenen Sinne sprechen wir die gleiche Sprache und verstehen uns sehr gut, da wir ähnliche Interessen und Ansichten haben. Die beiden geben uns Tipps für Slot Canyons in der Nähe und so machen wir uns in den nächsten beiden Tagen auf, die Dry Fork Canyons und den Big Horn Canyon zu erkunden.  
 
Die Anfahrt zu den Dryfork Canyons über die Schotterpiste „Hole-In-The-Rock-Road“ dauert circa eine Stunde. Das letzte Stück ist mit den Bikes etwas kniffelig, da der Pfad sehr uneben ist und seitlich stark abfällt. Nachdem wir durchgeschwitzt das Ziel erreicht haben, beginnt unsere Wanderung. Drei Slot Canyons liegen hier nah beieinander und münden alle in einen größeren Canyon. Der Eingang zum Peek-a-boo Slot ist nur durch Klettern an einer circa vier Meter hohen Wand zu erreichen. Der Sandstein ist rutschig und es gibt kaum Möglichkeiten zum Greifen mit den Händen oder zum Stemmen mit den Füßen. Auf halber Höhe merke ich, dass ich hier vielleicht irgendwie hochkommen würde, doch dass das Herunterklettern schon schwieriger wird. Vier Meter Fall auf Steinboden würde wohl doch wehtun und so brechen wir das erstmal ab.  
 
Wir erkunden zunächst den Spooky Canyon, der seinem Namen alle Ehre macht. Die Felswände bestehen aus dunklem Gestein und es wird immer enger und enger. Bald müssen wir die Tankrucksäcke zurücklassen und seitwärts weitergehen. Doch auch in diese schmale Felsspalte dringt etwas Sonnenlicht und beleuchtet die zum Teil wie glatt geschliffenen Steinwände. Nach diesem spannendem Ort treffen wir auf dem Rückweg andere Wanderer, die den Peek-a-boo durchquert haben. Sie erzählen uns von einem Hinterausgang, auf dessen Suche wir uns dann direkt begeben. Auf dem Weg kommen uns zwei Leute entgegen und sie beschreiben uns in etwa wo der Eingang liegt. Nach etwas Suche finden wir es schließlich und können nun ohne halsbrecherische Aktionen in das Innere des Canyons vordringen. Auch hier treffen wir auf sehr schöne Form- und Farbgebungen und halten uns dort eine Weile auf. Auf dem Rückweg verlaufen wir uns fast, da wir den falschen Sandspuren folgen und machen einen halbstündigen Umweg. Zum Schluss bleibt uns noch, den Dryfork Canyon entlang zu wandern. Dieser ist nicht ganz so eng wie die anderen, aber auf Grund seiner lila-rosanen Farbgebung und Größe dennoch eindrucksvoll. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit sind wir wieder am Zelt, kochen uns unser Abendbrot und in fallen ins „Bett“.  
 
Am Morgen wartet die nächste Tour auf uns: der Bighorn Trail. Dank der guten Beschreibung von Michi finden wir den nicht ausgeschilderten Ausgangspunkt in dieser einsamen Gegend. Mit Sonnencreme, Sonnenhut, Wasser und ein paar Snacks bewaffnet, machen wir uns auf den Weg. Wir folgen den Spuren im Sand und bald können wir den Canyon erkennen. Die Steinlandschaft hier unterscheidet sich wieder von dem, was wir bisher in Utah gesehen haben. Diesmal dominieren die Farben Gelb, Lila, Weiß und Orange. Nach einiger Zeit zieht sich der bisweilen geräumige Canyon immer weiter zu, bis wir auf eine Engstelle stoßen.  
 
Hier muss es in den Slot Canyon hineingehen, denken wir uns. Doch nach ein paar Metern wartet die erste Hürde: ein Wasserloch. Eigentlich kein Problem, doch man sollte bei Slot Canyons, die man nicht kennt, stets an den Rückweg denken. Wir wissen noch nicht genau wie tief das Loch ist und man muss sich ein Stück den Sandstein hinunterrutschen lassen um hinein und hindurchzukommen. Steht oder schwimmt man sogar einmal im Wasser und kommt den Sandstein nicht mehr hoch, ist man gefangen. Hier draußen ist weit und breit keine Menschenseele und wir wollen natürlich nicht gefangen in der Steinwüste enden. Also prüfen wir erstmal mit einem langen dünnen Ast, wie tief das Becken ist. Der Befund: knietief und damit für uns machbar. Dann lasse ich mich hineingleiten, um zu prüfen ob ich aus eigener Kraft wieder zurückkommen würde. Es sieht einfach aus, doch die Sandsteinrutsche ist extrem glatt und ich finde keine Stelle, um mich mit den Händen irgendwo festzuhalten. Die nackten Füße rutschen ständig auf dem mittlerweile vom Wasser schmierigen Sandstein ab und nach einiger Zeit wird das Wasser ganz schön kalt.  
 
Für diesen Fall sollte Stephan oben bleiben, um mir helfen zu können. Unser erster Plan: im Wasser eine kleine Treppe aus Steinen bauen. Eine blöde Idee, wie wir schnell feststellen, denn sämtliche Steine aus der Umgebung sind poröser Sandstein und zerspringen und zerbröseln im Wasser. Nach erneuten, mehrmaligen Versuchen schaffe ich es dann doch mich im Rückwärtsgang aus dem Loch hochzudrücken. Dabei hilft mir eine minikleine Auswölbung im Stein, die ich mit meinen Zehen umklammern kann. Es geht also doch und nachdem es Stephan auch noch mal versucht hat, packen wir unser Zeug und transferieren unser Tagesgepäck und die Schuhe auf die andere Seite des Wasserlochs. Frohen Mutes dringen wir in den interessanten Slot ein, doch bereits nach weniger als 50 Metern kommt die Enttäuschung: hier ist eine so schmale und tiefe Stelle, dass wir gar nicht erst an einen Versuch denken uns dort hineinzuwagen. Also müssen wir wieder zurück durchs Wasserloch. Spannend war es trotzdem und wir haben mal wieder etwas dazugelernt.  
 
Wir versuchen nun oben am Canyonrand weiterzukommen und finden nach einer Weile tatsächlich einen Pfad, der uns immer weiter in den Bighorn Canyon hineinführt. Es wird wieder eng, doch diesmal können wir mit etwas Klettern alle Hindernisse überwinden. Rechts und links von uns ragen die Felswände steil empor und ab und an huscht eine kleine Echse an uns vorbei. Wir haben pro Person nur einen Liter Wasser dabei, was viel zu wenig ist. Wir hatten jedoch nicht damit gerechnet 6,5 Stunden unterwegs zu sein. Außerdem geraten wir langsam unter etwas Zeitdruck, denn die huckelige Zufahrtstraße wollen wir auf jeden Fall noch vor Sonnenuntergang zurück fahren. Mit riesigem Durst kommen wir wieder an den Motorrädern an, fahren die Schotterpiste zurück und freuen uns mal wieder auf ein selbstgemachtes Campingabendbrot aus der Tüte.  
 


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