Sequoia Nationalpark

Alt wie ein Baum

(18. – 22.10.)

Nach einer besonders abwechslungsreichen Fahrt aus dem Death Valley mit dem Auf und Ab über die Berge, gelangen wir zu einer Straße, die für uns bisher zu den schönsten Fahrerlebnissen dieser Reise gehört. Aus unserer Sicht können weder die Going-to-the-Sun Road noch der Beartooth Pass diesem Erlebnis das Wasser reichen. Zu erst geht es bergauf, links und rechts säumen Joshua-Trees die Landschaft und zahlreiche Kurven lassen keine Langeweile aufkommen. Die Kurven sind meist einsichtig und lassen sich somit entspannt fahren. Nach einigen Kilometern wechselt die Vegetation, Bäume stehen dichter und bilden zunehmend einen Wald. Jetzt befinden wir uns im Sequoia National Forest, wo wir auch unser Nachtlager unter einigen großen Bäumen aufschlagen. Durch die Bergauffahrt haben wir ordentlich Höhe gewonnen, was aber gleichzeitig ein Sinken der Temperaturen (vor allem in der Nacht) zu Folge hat. Deshalb brauchen wir am Morgen auch einige Zeit bis wir in die Gänge kommen. Wie wechselwarme Tiere versuchen wir in den Morgenstunden unsere Körper mit der aufsteigenden Sonne und heißen Tee auf Temperatur zu bringen. Die bereits am Vortag so schön zu fahrende Strecke setzt sich fort und die Vegetation wechselt abermals. Je weiter wir nun bergab fahren umso wärmer wird es und Kakteen und kleine Palmen zieren nun unseren Weg. Sowohl die Straßenführung als auch die Landschaft rings um diese Straße lassen mich die Votings zu amerikanischen Traumstrassen hinterfragen.
Das hier ist zumindest meine Nummer 1 auf der bisherigen Reise.

Unterwegs kommen wir auch am “Trail of 100 Giants” vorbei und bekommen einen ersten Vorgeschmack auf die teilweise deutlich über 1.000 Jahre alten Bäume. Zum ersten Mal stehe ich vor diesen Riesen und ich hätte beim besten Willen nicht gedacht, dass ich soviel Ehrfurcht vor einer Pflanze haben kann. Der Trail umfasst auch einige umgestürzte Exemplare. Bei diesen kann man die Ausmaße nun aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten. Nach einigen weiteren Kilometern auf den Bikes befinden wir uns vor den Toren des Sequoia Nationalparks. Da es aber schon zu spät geworden ist, suchen wir in der Nähe nach einem Schlafplatz, was sich schwieriger herausstellt als gedacht. Im Vorbeifahren sehe ich sie plötzlich: Schwarz Rot Gold, die Farben der Deutschen Flagge. Schnell drehen wir um und schauen uns das Schild näher an. Die Namen Lea und Jeff, sowie die Deutsche als auch die Amerikanische Flagge sind darauf zu sehen. Wir klingeln und fragen nach, ob wir unser Zelt auf dem Grundstück aufbauen können. Wie selbstverständlich lässt uns Lea herein und bietet uns einen Platz in ihrem Garten an. Sie selbst kommt aus Deutschland und hat dort auch Jeff kennengelernt, der wiederum aus den USA stammt. Ihre gemeinsame Zukunft planen die Beiden nun in den USA, wo sie sich unweit des Sequoia Nationalparks einen schönen Fleck zum Leben ausgesucht haben. Bevor wir unser Zelt aufbauen, hat Lea eine andere Idee und fragt uns, ob wir nicht mit freier Sicht in den Himmel auf einem Luftbett schlafen wollen. Die Idee klingt verlockend, denn zum einen müssen wir unser Zelt nicht aufbauen und zum anderen ist dies ein Erlebnis, was wir so auf unserer Reise noch nicht hatten. Ein wenig Bedenken haben wir jedoch wegen der kalten Nacht am Tag zuvor und der Tarantel, die wir unterwegs gesehen haben. Aber Lea räumt unsere Bedenken aus und so kommen wir in den Genuss einer Nacht unter freiem Himmel, ganz ohne Zelt.

Nach dem Frühstück mit Jeff fahren wir wieder zum Sequoia Nationalpark. Plötzlich bleibt Ulli, direkt hinter einer Kurve, mit ihrer Tenere stehen und ich denke sie will ein Foto mit den großen Bäumen und den Bikes machen, aber leider ist das nicht der Fall. Ihr Kupplungszug ist gerissen und somit kann sie nicht mehr schalten. Zum Glück ist nichts passiert, das hätte auch anders ausgehen können. Aber dank der detaillierten Informationen von Thorsten Haberkamm, dem Inhaber der OTR-Performance GmbH, sind wir auch auf diesen Fall bestens vorbereitet und zaubern einen Ersatzkupplungszug aus unserem Ersatzteil-Reservoir. Für die Reparatur sichern wir unsere “Baustelle” vorbildlich ab, da einige Fahrzeuge gelegentlich mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve kommen. Die große Packtasche und unsere Warnwesten machen die Gefahrenstelle aber weithin sichtbar. Nach circa 50min ist es dann geschafft und Ullis Tenere schaltet wieder und wir fahren weiter zum 2050m hohen Moro Rock. Von diesem domförmigen Felsen haben wir einen interessanten Rundblick über den Wald, die Täler und auf die Hochgebirgskette im Osten. Weiter geht es zu einem der Highlights dieses Nationalparks, dem “General Sherman Tree”. Er ist angeblich der größte lebende Baum der Erde und zählt zu den Berg- oder Riesenmammutbäumen (Sequoiadendron giganteum). Sein Alter wird auf 1900 bis 2500 Jahre geschätzt. 83,8m Höhe, ein Umfang von 31,12m sowie ein Volumen von 1486,9 Kubikmeter sind die Kerndaten dieses Giganten. Leider ist auch hier wieder alles touristisch erschlossen und der kleine Zaun um den majestätischen Riesen verhindert, dass dieser seine volle Wirkung auf uns entfalten kann. Sicherlich ist dieser Schutz von Nöten, aber schön anzusehen ist er deswegen trotzdem noch nicht. Aus diesem Grund gefallen mir die Sequoias in ihrer natürlichen Umgebung deutlich besser und wirken trotz weniger Masse imposanter auf mich.

Wir verlassen den Nationalpark um einen Zeltplatz im angrenzenden “National Forest” zu finden, denn dort kostet das Campen im Wald nichts. Auch dieser Platz ist relativ hoch, sodass wir am Morgen wieder etwas Zeit brauchen um warm zu werden. In der Nacht war es deutlich unter 0ºC. Nachdem wir wieder auf Betriebstemperatur sind geht es weiter zum zweitgrößten Baum der Erde, dem “General Grant Tree”. Abends fällt es uns nicht leicht einen gescheiten Übernachtungsplatz zu finden, da die Besiedlung immer mehr zunimmt. Abermals fragen wir, ob wir bei jemandem im Garten übernachten können und obwohl wir etwas argwöhnisch begutachtet werden, haben wir wie schon so oft Glück und können dort unser Zelt aufschlagen.

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