Nicaragua

21.05. – 10.06.

Da wir uns dafür entschieden haben Honduras zu überspringen, müssen wir heute zwei Grenzen bewältigen, um unser nächstes Reiseland zu erreichen.
Dafür, dass wir Honduras eigentlich nur passieren und in rund 200km in Nicaragua sein wollen, kosten uns die Formalitäten gute zweieinhalb Stunden und umgerechnet circa 55 Euro. Der ursprüngliche Plan sah eigentlich einen etwas längeren Aufenthalt als nur ein paar Stunden vor, aber zwei Termine in Panama sorgen dafür, dass wir uns etwas ranhalten müssen. Deshalb beschränkt sich unsere Zeit in Honduras auf lediglich zwei Stunden. Diese haben es aber in sich. Die Straßen scheinen auf den ersten Blick relativ gut zu sein, aber leider tauchen immer wieder große und tiefe Schlaglöcher auf, welche auch den Gegenverkehr zu abenteuerlichen Ausweichmanövern bewegen. Dieser fährt dann unvermittelt auf die Gegenspur, also unsere Seite der Fahrbahn, und verschafft sich den nötigen Platz. Bei diesen Aktionen wird auf Motorradfahrer keine Rücksicht genommen. Dass wir dabei unweigerlich auch in Schlaglöcher gedrängt werden interessiert dabei keinen. Da dies oftmals sehr spontan geschieht, können wir uns nicht immer aussuchen mit welcher Geschwindigkeit wir die Schlaglöcher passieren, was leider auch zu einer Delle in Ullis Vorderrad führt. Zu gern würden wir uns bei den Autofahrern für diese hirnrissigen und gefährlichen Aktionen revanchieren …

Nach vielen weiteren Schlaglöchern erreichen wir die Grenze zu Nicaragua. Obwohl wir die einzigen am Schalter sind und nicht warten müssen, dauert das ganze Prozedere wieder zweieinhalb Stunden. Dies ist auch einer etwas amüsanten Unterbrechung geschuldet, denn im Laufe der Prozedur höre ich plötzlich das Geräusch einer Kettensäge auf uns zukommen. Diese entpuppte sich aber als Gerätschaft zum Versprühen von Insektiziden und sieht ähnlich wie bei den „Geisterjägern“ aus. Ein Mann betritt das Gebäude und macht allen, indem er unter anderem den Motor der Gerätschaft aufheulen lässt, unmissverständlich klar, dass sie hier raus sollen. Das funktioniert auch sehr gut. Dann geht er durch die einzelnen Räume und nebelt diese mit dem Insektizid ein. Bis dann die Arbeit wieder aufgenommen wird vergeht noch viel Zeit. Was dazu der Arbeitsschutz in Deutschland sagen würde? Danach kann es endlich losgehen und das nächste Reiseland wartet darauf erkundet zu werden.
Auf Nicaragua habe ich mich schon eine Weile gefreut, da ich noch zahlreiche Bilder im Kopf habe, die mir eine Freundin schon vor einigen Jahren gezeigt hatte. Damals habe ich nicht im Traum daran gedacht auch mal hier zu sein.

Rancho Esperanza

Unser erstes Ziel führt uns an die Westküste im Norden Nicaraguas zur Rancho Esperanza. Durch die zwei Grenzübergänge und die über 300km die wir zurückgelegt haben, kommen wir erst am Abend an und erleben auf unseren Bikes einen traumhaften Sonnenuntergang entlang der Küste. Es ist wie im Film. Unser Zeltplatz ist eine kleine Community in der Nähe des Strandes mit kleinen Bambushütten und vielen Hängematten. Hier kann man je nach Laune sehr gut entspannen oder jede Menge unternehmen. Wir entscheiden uns für die zweite Option.
Am ersten Tag erkunden wir den Strand und wandern nördlich bis zur Flussmündung an dem das Reservat Estero Padre Ramos beginnt. Auf der Wanderung sehen wir Überreste von Häusern die durch einen Tsunami im Jahre 1992 zerstört wurden. Die zum Teil umgekippten oder in Schräglage befindlichen Häuser sehen etwas gruselig aus und zeigen, welche Kraft Wasser haben kann.

Am Nachmittag wollen wir unsere „Überlebenschancen“ in der Natur etwas erhöhen und lernen von Roberto und Felix, zwei Fischern aus dem Dorf, wie man Krabben fängt. Dafür führen uns die Beiden in den nahegelegenen Mangrovenwald und graben Löcher in den sumpfigen Boden, an den Stellen wo man den Eingang zu der Krabbenbehausung sieht. Dann sind wir an der Reihe und sollen mit unseren Händen in der braunen Pampe nach den Krabben suchen und sie aus ihrem Versteck ziehen. Schon alleine die Vorstellung daran die Hand in ein Erdloch zustecken in dem eine Krabbe sitzt, ist nicht besonders angenehm. Es dann auch noch zu tun, kostet eine ganze Menge Überwindung. Vorsichtig schiebe ich meine Hand durch den Schlamm immer tiefer in Richtung Krabbe. Bis weit über den Ellenbogen stecke ich nun schon in dem Sud und kann nun endlich den Panzer des Krustentieres spüren. Mit einem beherzten Griff umschließe ich sie, sodass die gar nicht erst ihre Zangen benutzen kann. Wenige Sekunden später landet die erste Krabbe in unserem Eimer. Das ist mal eine etwas andere Erfahrung. Dann ist Ulli dran und muss sich ebenfalls erst mal überwinden in den Bau der Krabbe hineinzugreifen. Aber auch sie meistert diese Aufgabe und befördert das Tierchen in den Eimer. Die gefangenen Krabben nehmen die beiden Fischer mit nach Hause und machen sich daraus eine Suppe und wir haben eine neue Lektion aus dem Handbuch „Überleben in der Natur“ gelernt. Dennoch hoffen wir, dass wir auf diese nicht zurückgreifen müssen. Abends bietet eine lange Gewitterfront ein ansehnliches Spektakel und lädt zum Fotografieren der Blitze ein.

Am nächsten Tag stehen wir um 5 Uhr auf und anstatt unter die Erde geht es dieses Mal bergauf. Wir brechen so zeitig auf, damit wir bei unserer Wanderung auf den Vulkan Cosigüina nicht in der Mittagshitze laufen müssen. Dieser ist zwar mit 872m nicht sonderlich hoch, die Wanderung hat es aber bei den hier herrschenden Temperaturen in sich. Außerdem starten wir in Potosi, wo wir unseren Guide treffen, quasi auf Meeresniveau. Normalerweise würden wir es bevorzugen ohne einen Guide zu wandern, zumal dieser auch noch stolze 25 Dollar kostet. Doch ohne einen Guide ist es als Fremder kaum möglich den richtigen Weg zu finden. Drei Stunden dauert der beschwerliche Aufstieg. Wir merken, dass wir schon lange nicht mehr wandern waren, aber viel schlimmer ist die unerbittliche Hitze. Selbst im Schatten gibt es kaum Abkühlung. 2,5 Liter Wasser haben wir pro Person mit. Das ist für unsere Wanderungen nicht gerade typisch, da wir meist mit etwas mehr als einem Liter pro Person auskommen. Aber dank der Empfehlung der Hostel-Mitarbeiter sind wir gut vorbereitet. Sogar ein paar Sandwiches und Bananen lagen für uns am frühen Morgen bereit, die wir nach mühsamen 3 Stunden genüsslich am Kraterrand verzehren. Von hier aus hat man einen atemberaubenden Blick über die Gipfelkaldera, welche einen Durchmesser von über 2km hat und rund 500m tief ist. Im Jahre 1835 gab es hier den stärksten Vulkanausbruch in der Geschichte Nicaraguas. Im Umkreis von 150km verdunkelte die Asche das Tageslicht und Teile der Asche wurden sogar im 1.400km entfernten Mexiko gefunden. Von hieraus können wir sogar Honduras und El Salvador sehen. Nach der längeren Pause machen wir uns wieder auf den Weg. Dieses Mal brauchen wir zwar nur 2 Stunden, aber anstrengend ist es trotzdem.
(C) Wiki

Leon

Am Montag bauen wir unser Zelt wieder ab und fahren nach Leon. Leider merke ich erst unterwegs, dass ich meine Sandalen vergessen habe. Kurz vorm Ziel umdrehen oder weiterfahren – das ist hier die Frage. Wir entscheiden uns weiterzufahren und suchen uns ein Hostel in der Stadt. Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es zum Shopping. Sonnenbrillen, T-Shirts und natürlich Sandalen nicht vergessen.

Beim Stadtbummel am Dienstag verschlägt es uns zum Revolutionsmuseum, denken wir zumindest. Aber es ist das Museum für Legenden und Traditionen Nicaraguas. Dies ist ein „folgeschwerer“ Irrtum. Statt Informationen zur Geschichte Nicaraguas bekommen wir in diesem ehemaligen Gefängnis quasi Gruselgeschichten erzählt und ebenso gruslige Pappmaschee-Figuren präsentiert. Dieser Museumsbesuch war mehr amüsant als informativ.

Vorbei am aktiven Vulkan Tecali fahren wir in die Stadt Matagalpa. Hier treffen wir uns am folgenden Tag mit Joey und Daniel, die noch einen Abstecher über Honduras gemacht haben. Beim gemeinsamen Spaziergang durch die Stadt fällt unser Blick schnell auf einen Hot Dog Stand bei dem es lecker aussehende Hot Dogs gibt. Bei diesem fallen wir in den kommenden Tagen noch ein bis zweimal ein. Die meiste Zeit hier nutzen wir für das Sortieren unserer Fotos, das Schreiben der Blogtexte und für die Vorbereitung der kommenden Abschnitte. Denn in einigen Tagen wollen wir unser Bikes stehen lassen und uns mit einem Boot auf Erkundungstour begeben. Bevor es aber soweit ist, drehen wir mit Daniel und Joey noch eine Runde und besuchen im Norden das kleine Städtchen Jinotega. Auf dem Rückweg machen wir im Schwarzwald halt. Na ja nicht ganz. Wir kehren in ein Hotel mit Restaurant ein, welches „Selva negra“ also Schwarzwald (schwarzer Wald) heißt. Hier soll es Deutsche Köstlichkeiten geben, die wir uns gern mal genauer ansehen wollen. Wir nehmen also Platz an Ufer eines kleinen Teiches, der ebenso in einer Parkanlage in Deutschland sein könnte. Die saftigen Preise jedoch relativieren den guten Geschmack. Neben diesen Köstlichkeiten ist dieser Ort auch für den Anbau von Kaffee bekannt. Nach dem Genuss der Törtchen und dem Plausch mit anderen Bikern, die gerade eine ähnliche Tour wie wir, nur von Süden nach Norden bestreiten, geht es auch schon wieder zurück.


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