Kolumbien – Ange-Eggt in Medellin (3)

Einige Tage später treffen wir uns mit alten Bekannten (Ingo, Joey, Daniel, Catharine, Les und später auch Matt und Heather) und neuen Gesichtern (wie zum Bsp. Moritz) in einem Hostel in Medellin wieder. Da hier am Wochenende ein großes Blumenfest (Feria de las Flores) stattfindet, sind leider viele Hostels voll oder zu teuer. So müssen wir in den sauren Apfel beißen und teilen uns dieses Mal einen Dorm für 16 Personen mit anderen Reisenden. Das ist nicht so unser Fall. Wir haben das Bett in der Mitte des Zimmers zugeteilt bekommen. Ständig rennen Leute um uns herum, wenn wir eigentlich schlafen möchten.

Am Samstag wollen wir uns die Vorbereitungen zu dem Fest in St. Elena ansehen, denn da sollen angeblich weniger Zuschauer dabei sein. Zuvor schauen wir uns aber noch ein paar Konstrukte aus Blumengestecken in der Stadt an. Diese sind allerdings eher enttäuschend. Leider sind wir nun etwas spät dran und schaffen es nicht mehr rechtzeitig nach St. Elena. Dafür haben wir aber eine interessante Fahrt mit der Seilbahn. Wenige Meter übern den Häusern geht es den Berg hinauf. Je höher wir kommen umso ärmlicher werden die Häuser und später die Hütten. Aber der Ausblick über der Stadt und den Rest des Tales wird mit jedem Meter den wir an Höhe gewinnen beeindruckender und zeigt uns die riesigen Ausmaße der Stadt, die sich wie ein Organismus vom Tal ausbreitet und die steilen Hänge hinauf wächst. Den Abend lassen wir im Park mit Bier und leckeren Hot-Dogs ausklingen. Während wir uns unterhalten, bekommen wir laufend Kaugummis angeboten. Wie wir nach kurzer Zeit und einigen versteckten Hinweisen mitbekommen, sind dies spezielle Kaugummis, welche Kokain oder andere berauschende Substanzen enthalten. Nein Danke, wir haben auch so genug Spaß.

Schnell merken wir, dass wir bei den Menschenmassen, welche sich am Sonntag ebenfalls die Parade ansehen wollen, keine Chance haben unsere Gruppe zusammenzuhalten. Einige treten, von der Menschenmasse genervt, schnell den Rückweg an. Der Rest teilt sich in kleinere Grüppchen und schaut sich das Spektakel an. Die Masse an Menschen erinnert ein wenig an die Love Parade. Gemeinsam mit Joey kämpfen wir uns bis an einen Platz direkt hinter der Absperrung an der Straße vor, an der die Parade vorbeizieht. Hier sehen wir, wie sich die Silleteros, die Träger der zum Teil riesigen und kunstvollen Blumengestecke, abmühen müssen um diese Blütenpracht auf ihren Rücken zu tragen. Einige dieser Gestecke sind rund 2 x 2m groß und wiegen mit Gestell bis zu 75kg. Früher haben einfache Arbeiter ihre Herren auf Stühlen, die sie auf den Rücken gebunden bekamen, durch schweres Gelände getragen. Solch einen menschlichen Träger nannte man „Silletero“ (Silla bedeutet Stuhl) und bei diesem Fest soll an die Leiden dieser Vorfahren erinnert werden. Zwischendurch sorgen diverse Tanzgruppen für etwas Abwechslung. Mit selbstgemachten Königsberger Klopsen für 11 Personen beenden wir diesen erlebnisreichen Tag entspannt im Hostel.

Am nächsten Tag wollen wir uns die „Comuna 13“ ansehen. Früher, das heißt bis gerade mal vor vier Jahren, war dieses Stadtviertel alles andere als einen Besuch wert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit, hätte man dieses dichtbesiedelte Viertel nicht mehr lebend verlassen. 2011 wurden in Medellín trotz sinkender Mordrate immer noch über 1600 Menschen umgebracht. Arbeitslosigkeit, große Klassenunterschiede, starke soziale Spannungen und der anhaltende Bürgerkrieg waren ein fruchtbarer Boden um diese Gewaltbereitschaft wachsen zu lassen.

Jetzt ist davon allerding nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil! Wir fühlen uns in dem überaus farbenfrohen und mit vielen kunstvollen Graffitis verzierten Stadtteil sehr wohl. Ein besonderes Highlight ist hier eine der wohl längsten Rolltreppen der Welt. 348m, was umgerechnet rund 28 Stockwerken entspricht, welche mit den verschiedenen Segmenten der Rolltreppe bewältigt werden können. Dies ist besonders hier ein enormer Vorteil, denn nur einige Häuser sind bequem mit einem Auto von der Straße aus zu erreichen.

Wie es der Zufall so will, treffen noch weitere Bordmitglieder der Stahlratte in unserem Hostel ein. Etwas verdutzt sieht uns Christine an, als sie ins Hostel hereinkommt. Die Welt ist ein Dorf. Am späten Abend kommen dann auch Eli und Patrick zu uns. Zuvor schlendern wir aber noch mit Christine durch die Stadt und gönnen uns abermals einen der leckeren Hot-Dogs.

Ange-Eggt
Aber was ist das? „Platsch“. Auf dem Rückweg zum Hostel hören wir plötzlich ein sonderbares Geräusch und einige von uns merken, zum Teil schmerzhaft, dass sie etwas berührt hat. Es dauert einige Sekunden bis wir realisieren, dass die Insassen des vorbeifahrenden Pick-Ups Eier auf uns geworfen haben. Ich merke es erst gar nicht, aber auch mich hat es am Hosenbein erwischt. Wir fragen uns weshalb jemand Eier auf uns wirft. Ausländerfeindlichkeit oder einfach nur Langeweile von pubertierenden Jugendlichen. „Platsch“ Bevor wir zu einer Entscheidung kommen, treffen uns bereits die nächsten Eier. Unbemerkt kam der Pick-Up wieder von hinten an uns herangefahren. Und die Insassen hatten abermals ein leichtes Spiel mit uns, denn wer hätte schon gedacht, dass die noch mal wiederkommen. Ein drittes Mal kommen sie leider nicht vorbei…


Posted in Kolumbien by