Kolumbien – von Guatape bis Pijao (4)

13.-30.08.2015
 
Gemeinsam mit Ingo, Joey und Daniel fahren wir am Mittwoch nach Guatape, einem kleinem hübschen Städtchen, dessen Häuser zum Großteil mit bunten Reliefs an den Wänden verziert sind. Ohne Ingo, denn der ist bereist zurück in Medellin, machen wir uns mit einem Tuk Tuk auf den Weg zu dem großen Monoliten „El Peñón de Guatapé“. Der große Felsen sticht aus der umliegenden Landschaft sprichwörtlich heraus. Auf die Spitze des Felsens führen rund 700 Stufen und von hier aus haben wir einen genialen Panoramablick.   Dieser ist vor allem auch dem umliegenden See zu verdanken der zum Betreiben eines Wasserkraftwerks angelegt wurde. Auf ihm liegen zahlreiche Inseln und Halbinseln, die in ihrer Gesamtheit an ein riesiges Labyrinth erinnern.
 
Zwei weitere Tage hält es uns in diesem idyllischen Städtchen, aber dann müssen wir weiter, da wir mit Peter, dem Besitzer einer Pilzfarm, verabredet sind. Er empfängt Couchsurfer und arbeitswillige Reisende (http://reservalaguneta.com). Auf seiner Pilzfarm wollen wir uns ein wenig nützlich machen und für ihn ein paar Fotos erstellen, die er auf seiner Webseite einbinden kann. Damit wir auch verstehen, was da passiert und wir die Champignons ins rechte Licht rücken können, schließen wir uns zwei Tage den Frauen, die die Ernte übernehmen an und arbeiten mit ihnen. So brechen wir dann auch schon das Eis, was uns beim Fotografieren deutlich zugutekommt.
 
Unsere Unterkunft ist eine Art Holzhütte, in der wir unsere Isomatten und Schlafsäcke ausbreiten. Küche und Bad benutzen wir in Peters Haus. Ich weiß nicht wie lange es her ist, aber diese Dusche ist die beste seit langer Zeit. Wirklich warmes Wasser mit einem herrlich konstanten Druck. Ich wusste gar nicht wie sehr man so etwas vermissen kann. Ebenso die Küche, hier macht es endlich wieder richtig Spaß Essen zuzubereiten. Sauber und gut ausgerüstet. Man braucht also keine Bedenken haben, dass man den Geschmack der letzten zehn Malzeiten mitschmeckt.
 
Fürs Wochenende hat uns Peter eine interessante Runde schmackhaft gemacht, die wir die nächsten zwei Tage erkunden wollen. Es geht in den Nationalpark El Nevado. Peter ist hier selbst schon das eine oder andere Mal mit seinem fast schon historischen Land Rover herumgefahren und kann uns den Zustand der Strecke gut beschreiben. Unser Weg führt uns in das kleine Dorf Murillo. Bunte hölzerne Fassaden schmücken fast jedes der hiesigen Häuser und machen dieses Dörfchen sehr lebendig und sehenswert. Hinzu kommt, dass die Menschen hier Ponchos in unterschiedlichen Farben und Formen tragen. Alles ist sehr natürlich und dennoch sauber. Touristen scheinen sich hier her nur selten zu verirren. Hier fühlen wir uns wohl und wir beschließen über Nacht zu bleiben, so machen wir uns auf den Weg und suchen eine Unterkunft, die wir mit Hilfe der netten Dorfbewohner schnell finden. Schnell bringen wir alle Sachen aufs Zimmer, um dann die Teneres durchs Wohnzimmer in den Hinterhof zuschieben. Nachdem die sicher abgestellt sind, erkunden wir das quirlige Dorf. Pferde und Esel werden auf der Straße für den nächsten Arbeitstag vorbereitet, wir machen Fotos mit den aufgeschlossenen Einwohnern und werden sogar in den Hinterhof eines Hauses gebeten, um dort den Welpen anzusehen der drollig die Hühner hin und her jagt. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Das Abendessen inklusive Getränk kostet uns dann zusammen nur rund 2,50 Euro. Die anstrengende Fahrt und die Höhe (rund 3000m) mit ihrer schnell anziehenden Kälte sorgen dafür, dass wir uns auf den Rückweg zu unserem Quartier machen. Trotz der niedrigen Temperaturen schlafen wir ganz gut.
 
Mit einem Frühstück beim Bäcker am Marktplatz beginnen wir den Tag. Entspannt schauen wir uns bei Kaffee, Tee und Gebäck das Treiben auf dem Marktplatz und im Geschäft an. Es hat den Anschein, dass der Poncho selbst zum Schlafanzug getragen und hier zum morgendlichen Spaziergang umgehängt wird. Sattgesehen haben wir uns leider noch lange nicht, aber die Fahrt geht weiter, weiter zu einem weniger erfreulichen Abschnitt dieser Region. Wir wollen nach Armero Viejo, einer Stadt, die am 13. November 1985 von einer Schlammlawine nach einem Vulkanausbruch des Nevado del Ruiz fast komplett zerstört wurde. Damals kamen fast 25.000 Menschen ums Leben. Wir besuchen ein kleines Museum in dem Fotos von der Katastrophe das kaum Vorstellbare zeigen. Sattelitenbilder verdeutlichen das Ausmaß dieses Unglücks. Besonders tragisch ist die Geschichte eines kleinen Mädchens, das in einem Loch mit Wasser feststeckt und nicht befreit werden kann, obwohl Hilfskräfte bereits vor Ort sind. Vor laufenden Kameras verabschiedet sich das Mädchen namens Omayra Sánchez von ihren Eltern und stirbt letztendlich an Unterkühlung. Schuld an der hohen Anzahl der Opfer ist eine folgeschwere Fehleinschätzung. Damals war man kurz davor die Stadt zu evakuieren, tat dieses aber nicht, da man glaubte die Region sei in Sicherheit. Die Überreste der Stadt kann man zu Fuß, mit dem Auto oder mit dem Motorrad besichtigen. Dabei fährt man gewissermaßen auf den alten Straßen, die jedoch durch den Schlamm ein bis zwei Meter unter uns liegen. Die gesamte Szenerie stimmt uns sehr nachdenklich.
 
Wir sind zurück auf der Pilzfarm und widmen uns einer Idee, die wir die letzten Tage hatten. Wir wollen für Peters neue Webseite ein kleines Video, eine sogenannte Zeitraffer-Aufnahme machen, die den Werdegang der Champignons zeigt. An einer Kiste befestigen wir eine GoPro-Actionkamera, die aller drei bis vier Sekunden ein Foto macht. Das vorläufige Ergebnis seht ihr hier:
 

 
Pijao die „Slow-City“
 
Uns führt die Straße nach Pijao in ein Gebiet, dass für den Kaffeeanbau bekannt ist. Pijao selbst ist ein kleines Städtchen, welche sich dem Konzept einer „Slow-City“ verschrieben hat. Kein Fast-Food, kein Stress, dafür ein entspanntes und gesundes Leben. Das ist der Plan. Pijao macht einen netten Eindruck, doch aus meiner Sicht unterscheidet es sich kaum von anderen Städten dieser Größe. Schön ist es trotzdem.
 
Wir haben eine Unterkunft gefunden, stehen aber vor verschlossenen Türen. Zum Glück hat dies auch Lily, die Nachbarin, mitbekommen und gibt uns zu verstehen, dass wir die Besitzerin anrufen müssen. Lily kommt zu uns auf die Straße und gemeinsam geht sie mit Ulli in das kleine Geschäft, direkt neben an. Dort befindet sich ein Telefon mit welchem die Besitzerin angerufen wird. Zu unserer Überraschung übernimmt Lily die entstandenen Kosten und zahlt den Anruf. Das sind zwar keine riesigen Kosten, aber eine verdammt nette Geste. Wenig später kommt auch noch eine weitere Nachbarin und schenkt uns eine Avocado. Langsam kommen wir ins Grübeln und fragen uns was hier nicht stimmt. So viel Gastfreundschaft ist doch nicht normal. Sehen wir so bedürftig aus? Wir haben keine Antwort.
 
Da wir uns hier nicht nur in einer Kaffee-Region sondern auch Bambus-Region befinden, besuchen wir das „Centro Bambu Nacional de Guadua“ und lassen uns von dem vielfältig einsetzbaren Material begeistern. Gemeinsam mit zwei Kanadierinnen bekommen wir eine Tour. Diego, der Guide ist überaus erfreut, dass wir noch zu dieser Führung stoßen, denn die beiden Kanadierinnen sprechen kaum ein Word Spanisch und er kaum Englisch. So fungieren wir als Dolmetscher. Ulli mehr, ich weniger. Unsere Bikes sind während der Tage in Pijao bei der hiesigen Feuerwehr untergestellt, die sich nicht weit von unserer Unterkunft befinden. Dort stehen sie sicher, da die Feuerwehrstation auch als Stützpunkt für die dortige Polizei genutzt wird.
 
Am Samstag machen wir dann noch mal die Gegend unsicher und begeben uns auf eine Wanderung. Entlang eines Weges zwischen Bananenplantagen geht es stets bergauf, bis wir auf eine kleine Lichtung stoßen, auf der Bambus wächst. Dort machen wir es uns gemütlich uns wollen die unterwegs gesammelten Mandarinen essen. Diese sind aber, obwohl sie reif aussehen, viel zu sauer und ich verziehe zur Freude von Ulli mein Gesicht. Auf dem Rückweg, bei einem kurzen Stopp an einem schönen Aussichtspunkt mit einem kleinen Kiosk, lernen wir Christobal und seine Freunde kennen. Er ist ein erfolgreicher Tierarzt und lädt uns auf eine Cola und ein Stück Kuchen ein. Wir kommen ins Plaudern und nach einiger Zeit lädt er uns zu sich auf die Ranch ein. Am Sonntag wollen wir uns mit einem von seinen Arbeitern treffen, der uns dann zu der Ranch bringt. Sonntags packen wir also unsere Sachen und wollen unsere Bikes bei der Feuerwehr abholen. Eigentlich wollten wir dort einige unserer Fotos zeigen und ein wenig über die Reise berichten, aber nachdem man von uns plötzlich Geld für das Abstellen der Teneres haben will, haben wir keine Lust mehr. Denn vorher haben wir diesen Punkt extra besprochen. Wir nehmen unsere Bikes und fahren zur Unterkunft. Dort beladen wir unsere Lastenesel und fahren weiter zu Kirche, wo wir uns mit dem Mitarbeiter von Christobal treffen wollen. Nach dem dort, auch nach fast anderthalb Stunden warten und zahlreichen Gesprächen mit Passanten, niemand auftaucht, machen wir uns auf den Weg. Die lateinamerikanische Pünktlichkeit ist uns bekannt, aber man muss ja nicht jeden Unsinn mitmachen nur weil es in einem Land so üblich ist. Wir geben an dem Kiosk vom Vortag Bescheid, dass wir am vereinbarten Ort gewartet haben und fahren weiter.
 


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