Kolumbien und seine Überraschungen (1)

20.07.2015

Nachdem wir uns langsam wieder an den festen Boden unter unseren Füßen gewöhnt haben, müssen wir uns auch schon eine neue Unterkunft suchen. Zum Glück hat Ulli bereits in Panama ein nettes Hostel ausfindig gemacht und gebucht. Hostels findet man in Cartagena zwar viele, aber der Extraplatz für die Bikes stellt sich oftmals als eine Herausforderung heraus. Und da nicht nur wir dieses Problem haben, sondern auch einige andere Mitreisende, fahren wir quasi im Konvoi zum „Casa Torices Real“, dem bereits im Voraus gebuchten Hostel. Vorerst im Taxi, da wir die Bikes erst am nächsten Tag abholen können.

Diana, die Chefin des Hauses, empfängt uns in ihrem Hostel äußerst herzlich und sorgt dafür, dass es uns an nichts fehlt. So etwas sind wir schon lange nicht mehr gewöhnt. Es wurde oftmals nur erwartet, dass Touristen viel bezahlen, möglichst ohne etwas dafür tun zu müssen. Am nächsten Tag schleusen wir die Motorräder durch den Zoll und versichern sie anschließend. Dies klingt hier einfacher als es war, wir sind schließlich immer noch in Lateinamerika. Das heißt also 2 Stunden warten auf unseren Versicherungsagenten (hätte er nicht unsere Dokumente, hätten wir alles schon selbst erledigt, bevor er ankam und wie sollte es anders sein, die Dokumente waren meistens auch noch fehlerhaft ausgestellt). Nachdem aber alles irgendwann geschafft ist, finden nun nicht wie geplant vier Bikes sondern insgesamt neun (später 11) Motorräder im Hostel Platz. Allerdings mussten wir ein wenig auf Eli warten, da wir ihn während der Fahrt zum Hostel verloren haben und er dann einige Stunden umhergeirrt ist.

In den einladenden Gemeinschaftsraum des Hostels lassen wir die Zeit auf der Stahlratte Revue passieren und unterhalten uns über unsere Reisen und Erfahrungen.
Da wir uns hier in einer geschichtsträchtigen Stadt befinden, welche 1533 gegründet wurde, gehört ein kleiner Stadtbummel auch zu unserem Tagesprogramm. Viele Reisende sagten uns bereits im Vorfeld, dass Kolumbien zu ihren liebsten Reisezielen gehört. Dies liegt vermutlich auch daran, dass sich das Land gerade erst im „Aufbruch“ befindet, was den Tourismus angeht. Vermutlich ist es die bisher noch erhaltene Natürlichkeit, was dieses Land wohl sehr liebenswert macht. Nicht vergessen sollte man auch den Umstand, dass bis vor wenigen Jahren der Kampf zwischen der Regierung und der FARC (eigentlich F.A.R.C.-E.P. (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo – Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee)) in vielen Teilen des Landes den Tourismus unmöglich machte. Entführungen und Kampfhandlungen waren an der Tagesordnung. Die Situation hat sich deutlich verbessert und dies merkt man auch den Einwohnern Kolumbiens an, die nun erkennen welche Möglichkeiten ihnen jetzt offenstehen. Es ist wie im Frühling kurz vor dem Erblühen eines ganzen Landes.

Zu acht verlassen wir am Donnerstag unser Hostel. Heather und Matt begleiten uns ein Stück auf dem Weg nach Barranquilla. Sie besuchen einen Matschvulkan in dem man sitzen und entspannen kann. Wir (Joey, Daniel, Catharine und Less, die beiden Kanadier) fahren weiter nach Barranquilla, denn dort wartet Post auf uns. Joey und Daniel sollen ein paar Ersatzteile und wir unsere neue Kreditkarte bekommen, als Ersatz für die in Nicaragua gestohlene. Auf dem Weg dahin fängt es so stark an zu regnen, dass wir auch unsere Regensachen überziehen. Je näher wir der Stadt kommen umso mehr regnet es, aber die Regenkleidung hält uns zum Glück halbwegs trocken. Beim Warten an roten Ampeln versucht mir ein Taxifahrer etwas zu erklären, was mit dem Regen zu tun hat. Leider verstehe ich ihn aufgrund meiner mangelnden Spanischkenntnisse, dem Geräuschpegel der Straße und dem Regen nur sehr schlecht. Es hat irgendwas mit dem Regen zu tun. Ich meine nur, dass wir bei dem Regen ohne Probleme fahren können und dann ist die Ampel auch schon grün und wir fahren weiter.
Es hat den Anschein, dass mit jedem Meter den wir weiter ins Innere der Stadt fahren, der Regen zunimmt und das Regenwasser auf der Straße höher wird. Die paar Zentimeter sind zwar noch lange kein Problem, aber mit jedem Stopp an einer Ampel und dem damit verbundenen Fuß abstellen, hat man das Gefühl, dass der Wasserpegel rasant ansteigt.

Irgendwann ist es dann so weit. Joeys BMW kommt nicht weiter. Das Wasser auf der Kreuzung ist mittlerweile so hoch, dass wir nicht mehr sehen können ob etwas vor uns liegt oder z.B. Gullideckel offen sind. Daniel konnte sein Bike abstellen und kommt ihr schon zu Hilfe. Auch wir versuchen unsere Motorräder abzustellen, dies ist jedoch schwieriger als gedacht. Das Wasser schießt nun förmlich von der Nebenstraße auf die Kreuzung und macht das Lenken unmöglich. Deutlich höher als die Motorradstiefel ist das Wasser nun schon. Zum Glück unterstützen mich zwei Anwohner und später auch Daniel dabei, meine Tenere auf die andere Seite der Straße zu bekommen. Es ist kaum möglich den Lenker gerade zu halten, so stark drück das Wasser gegen das Vorderrad. Ich bin froh, dass mich die Wassermassen nicht komplett zur Seite drücken. Geschafft! Mit vereinten Kräften bringen wir nun Bike für Bike auf den „trockenen“ Fußweg. Alle Bikes sind in Ordnung und niemand ist zu Schaden gekommen. Nachdem wir später im Internet einige Videos sehen, in denen unter anderem Autos und sogar Busse von den Wassermassen weggeschwemmt werden, merken wir wie viel Glück wir in dieser Situation hatten. Erst recht als wir später erfahren, dass in der Stadt ein Jugendlicher von der Strömung mitgerissen wurde und verstarb.

„Arroyos“ wird das Problem mit den Wassermassen genannt und dieses ist auf ein schlechtes bzw. fehlendes Abwassersystem zurückzuführen. Jedes Jahr in der Regenzeit wird durch die Niederschläge die gesamte Stadt lahmgelegt. Das war es wohl, was der Taxifahrer mir versucht hat zu erklären.

Wir bleiben einen Tag länger als geplant, um unsere Sachen zu trocknen. Daniel und Joey brechen trotzdem auf, kommen aber nach ein paar Stunden wieder, da sie nicht aus der Stadt herauskommen. Das Verkehrschaos und die lateinamerikanische Art Probleme zu lösen, machen eine Abreise selbst mit Motorrädern unmöglich, da sich Autos auch in die kleinste Lücke zwängen und glauben so schneller voranzukommen.

Wir brechen am nächsten Morgen nach Minca auf. Hier hoffen wir auf eine Abkühlung, denn in Küstennähe auf Meereshöhe wird es uns langsam zu warm. Da kommt uns das ein wenig höher gelegene Örtchen gerade recht. Da es auch hier leider nicht sonderlich kühler ist, brechen Joey und Daniel am nächsten Tag wieder auf und versuchen im Süden noch weiter an Höhe zu gewinnen. Wir hingegen erkunden mit Less und Catharine die Gegend, besuchen einen Wasserfall, trinken in einer „alternativen“ Kaffeestube Tee und Kaffee, und beobachten dabei Kolibris. Den Rest des Tages lassen wir entspannt in der Hängematte ausklingen.


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