Peru I – Von Platten und Tiegerente verfolgt

19.11.2015

Es ist der 533. Tag unserer Reise. Seit zwei Tagen sind wir mit den beiden Kolumbianern Mateo und Juan Manuel unterwegs. Die beiden haben wir bei einer Tankstelle in Ecuador kennen gelernt. Mateo fährt die kleine 250ccm Tenere und Juan eine 200ccm indische „Tigerente“. So nennen wir sein Bike weil es gelb und schwarz gestreift ist und er zu allem Überfluss auch noch einen knallgrünen Helm hat, der uns an Kastenfrosch erinnert.
Gemeinsam überqueren wir die Grenze von Ecuador nach Peru. Die hier vorgeschriebene Versicherung ist relativ teuer, aber wir kommen nicht drum herum. Nur wenige Kilometer hinter der Grenze ändert sich schlagartig die Umgebung. Zuerst fahren wir noch durch saftig grüne Reisfelder, die einen leichten asiatischen Hauch in diese Gegend bringen. Aber gefühlt nur wenige Meter weiter beginnt eine Sandwüste.

Hin und wieder kommt eine Art Endzeitstimmung auf, wenn man die Gettos in dieser oftmals zugemüllten Gegend sieht. Die kargen Büsche und heruntergekommen Hütten bzw. Verschläge in der trostlosen Sandwüste, sind wahrlich keine Augenweide. Zu allem Übel hat Ulli wieder einen Platten. Der Flicken hat sich gelöst. Zu unserem Glück bemerkt Ulli dies, kurz nachdem wir an einer Tankstelle vorbei gefahren sind, die auch eine kleine Werkstatt für Reifen beherbergt, einen „Vulkanizador“. Leider verlieren wir bei dem Stopp die beiden Kolumbianer. Nachdem der Flicken nun bombensicher angebracht ist, hat Ulli zwar eine leichte Vibration, bei einer bestimmten Geschwindigkeit, aber die Luft kommt da so schnell nicht mehr raus. Der Mechaniker brachte zusätzlich zum Flicken noch eine Schicht alten Schlauch an dieser Stelle auf. Mit eine heißen Presse verschmolz er den Gummi auf dem Schlauch. Das haben wir so auch noch nicht gesehen.

Am folgenden Tag geht es weiter durch diese trostlose Gegend. Aber was ist das? Auf dem sandigen Boden sehen wir direkt neben der Straße ein rotes Meer aus Paprikas. Auf der Flächen von geschätzt einem halben Fußballfeld liegen die Paprikas zum Trocknen aus. Eine ältere Frau verteilt die Früchte der Nachtschattengewächse und prüft dabei den Trocknungsgrad. Während ich ein paar Fotos mache, haben sich zwei Mädchen (Jaceline und Nancy) zu Ulli in den Schatten der Motorräder gesetzt. Sie fragen was wir hier machen und erzählen etwas über die Gegend.

Wir fahren weiter und trauen unseren Augen kaum, als uns nach einigen Kilometern etwas Großes auf der Straße entgegenkommt. Durch das Hitzeflimmern, dauert es eine ganze Weile bis wir erkennen was es ist. Es ist ein großes hölzernes Boot, welches von einem Traktor gezogen wird. Wir staunen nicht schlecht, hier so ein Wüstenschiff zu sehen. Während wir von dieser skurrilen Szene Fotos machen, gesellen sich auch wieder zwei Bekannte zu uns. Juan und Mateo sind wieder da, was uns sehr freut, da wir die beiden sehr mögen.

Das Reisen mit ihnen ist besonders. Wir glauben schon sehr sparsam unterwegs zu sein, aber die Beiden reisen mit deutlich weniger Budget. Die Südamerikaner haben da sowieso ein ganz anderes Denken. Bei uns denkt man eher: „Ohhh je wie viel Geld das wohl kosten mag?“ Hier in Südamerika, fährt man einfach los und schaut wie weit man kommt. Und da die Südamerikaner sehr freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit sind, kommt man dem Anschein nach sehr weit mit wenig Geld. Ihre erste Anlaufstation an einem neuen Ort ist der Marktplatz. Hier fragen sie sich dann zur örtlichen Feuerwehr, der Polizei oder Ähnlichem durch und bekommen dort oftmals kostenfrei eine Unterkunft gestellt. Mit Spanisch als Muttersprache sind sie da klar im Vorteil und gestalten die Gespräche immer mit etwas Humor. Heute haben wir aber ein nettes Hostel gefunden und verbringen den Abend bei einem gemütlichen Geburtstagsbierchen.

Am nächsten Morgen besuchen wir die Ruinen von Chan Chan an der peruanischen Pazifikküste westlich der Stadt Trujillo. Chan Chan war vermutlich die größte Stadt zu der damaligen Zeit auf dem südamerikanischen Kontinent und eine der größten der Welt, die aus Lehm errichtet wurde.

Dann fahren wir weiter auf der Panamericana wo es mit den wahnsinnigen Truckfahrern weitergeht. Auf einer zweispurigen Straße (eine Spur in jede Richtung) kommen uns gleich drei Trucks gleichzeitig entgegen. Da ist dann auch kein Platz mehr auf dem Seitenstreifen.

Bei der Suche nach einer Unterkunft warten wir auf dem Marktplatz nahe einer Schule und eh wir uns versehen, sind wir von vielen neugierigen Kindern umzingelt, die uns mit ihren Fragen löchern. Etwas später kommen wir dann in den Genuss der kolumbianischen Reise- und Improvisationsfähigkeiten. Die Beiden organisieren eine Übernachtungsmöglichkeit in dem örtlichen Krankenhaus. Wir bekommen zwei Krankenzimmer mit jeweils zwei leerstehenden Betten. Das ist schon ein komisches Gefühl, aber geschlafen haben wir hier trotzdem gut.


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