Peru II – Duch den Cañón del Pato in die Anden Perus

Ausgeschlafen sollten wir auch sein, denn vor uns liegt ein anspruchsvoller und sehenswerter Weg. Auf dem Markt versorgen wir uns mit den nötigsten Sachen, die wir in den kommenden Tagen brauchen werden. Denn nun geht es von Küstenniveau wieder einmal hoch in die Anden. Dort wird es deutlich seltener Märkte als in den Küstenstädten geben.

Erst gegen Mittag kommen wir los. Wir wollen durch den Cañón del Pato fahren. Nach einigen Kilometern gibt es kaum noch Vegetation und der Asphalt weicht dem Schotter. Tief in das Gestein hat sich der Fluss Rio Santa geschnitten. Die verschiedenfarbigen Felswände gehen steil nach oben, sodass an den Anbau von Pflanzen hier kaum zu denken ist. Eine weitere Besonderheit dieses Canyons sind die in den Fels gearbeiteten Tunnel. Diese sind eng, staubig und dunkel. Man muss sich schon konzentrieren, um nicht unverhofft aus der, durch die LKWs eingedrückten Spurrinne, zu fahren. Der lose Schotter ist tückisch, vor allem dann, wenn man ihn nicht richtig sehen kann. Mit regelmäßigen Hupzeichen versuchen wir uns für eventuell entgegenkommenden Verkehr bemerkbar zu machen. Zum Glück kommt uns aber kaum ein Fahrzeug entgegen. Einige Engstellen wären schon eine interessante Herausforderung geworden.

Da wir nicht genau wissen wie weit es noch bis zum Ende des Canyons ist, entscheiden wir uns als sich die Möglichkeit anbietet, unser Nachtlager eher als üblich aufzubauen. In der Dunkelheit wollen wir diese Strecke mit Sicherheit nicht fahren und das Campen an einem Steilhang bzw. an auf einer befahrenen Straße wollen wir auch nicht ausprobieren.

Wenige Kilometer später haben wir Glück, der enge Canyon wird breiter und biete an einer Stelle genügend Platz für einen Bauern, der hier Mangos anpflanzt. Wir fragen nach, ob wir hier unser Nachtlager aufschlagen können, denn eine bessere Möglichkeit wird sich uns so schnell nicht mehr bieten. Die Zufahrt auf das Gelände ist beschwerlich, aber es lohnt sich. Leider bricht ausgerechnet bei mir eines der Plastikrohre für die Bewässerung als ich mit dem Motorrad drüber fahre. Bei den Anderen ist alles gut gegangen. Entweder bin ich noch schwerer oder es war die Materialermüdung. Zum Glück ist kein Wasser drin, so können wir später das Problem mit Hilfe des Bauern schnell wieder richten.

Umgeben von Mangobäumen bauen wir unsere Zelte auf. Juan sucht nach einem etwas besseren Platz für seine überdachte Hängemattenkonstruktion, da die Mangobäume dafür noch zu klein und niedrig sind. Nachdem alles aufgebaut ist, machen wir uns an die Zubereitung des Abendessens. Juan bereitet einen Mango-Thunfisch-Salat vor, den ich wohl mein Leben lang nicht mehr vergessen werde. Ohne zu probieren hätte ich wohl nie geglaubt, dass diese Kreation so gut schmeckt und habe seit dem immer eine Konserve mit Tunfisch am Motorrad.
Es ist Montag, der 23.11.2015 und ein weiteres Highlight der Reise wartet auf uns. Nach einer kalten Dusche und dem obligatorischen Frühstück geht es bei gutem Wetter weiter. Doch schneller als gedacht ersetzt Asphalt den groben Schotter. Und man will es kaum glauben, aber dies nimmt der gesamten Szenerie etwas an Natürlichkeit. Obwohl es ein wenig anstrengender ist, würde ich mir hier lieber wünschen auf Schotter weiterzufahren. Das Ganze hat natürlich auch etwas Gutes: Wir kommen unserem heutigen Ziel schneller näher.

Mittagessen gibt es in einem urigen Markt in Caraz. Ein altes Mütterchen bereitet uns die Speisen zu. Im Markt selbst besorgen wir uns neuen Proviant. Nach dieser Verschnaufpause schrauben wir uns auf einer kleinen Bergstraße Meter für Meter höher. Zu unserer Linken schiebt sich der Nevado Caraz mit 6.025m und zu unserer Rechten der Nevado Pisco mit 5.752m in den Himmel. Welch atemberaubende Kulisse. Man weiß gar nicht wohin man schauen soll. Zum Glück bietet sich durch die zahlreichen Serpentinen ein sehr guter Rundumblick. Dann ist es endlich so weit, wir haben die Laguna Paron (auf ca. 4.200m Höhe) erreicht und genau in diesem Augenblick gibt es auch noch einen Regenbogen über der Lagune. Hektisch packen wir die Kameras aus, anstatt diesen einzigartigen Moment in vollen Zügen zu genießen. Bis wir eine gute Stelle für ein Foto gefunden haben, ist der Regenbogen fast schon verschwunden.

Wir schauen uns an diesem einzigartigen Ort ein wenig um und suchen uns einen schönen Platz zum Zelten. Direkt am Ufer der blau leuchtenden Lagune werden wir fündig. Obwohl es hier kaum Bäume gibt, findet auch Juan für seine Hängematte einen Platz zwischen den Felsen. Langsam geht die Sonne unter. Die warmen Farben des Sonnenuntergangs und das Blau der Lagune lassen diesen Sonnenuntergang zu einem besonderen Naturschauspiel werden. Am Lagerfeuer lassen wir mit Reis-Gemüse und Tacos diesen schönen Tag ausklingen.

Trotz der Höhe und der kühlen Temperaturen haben wir gut geschlafen. Nach einem leckeren Frühstück lassen wir die Bikes für heute stehen und machen uns zu Fuß auf dem Weg die Lagune zu erkunden. Wir wollen zum Ende der Lagune, denn dort kann man den Berg Artesonraju sehen. Dieser ist rund 6.000m hoch und soll angeblich als Vorlage für den Berg im Logo der Paramount Pictures gedient haben. Als wir ihn sehen wissen wir warum: Er kommt einem majestätischen Zuckerhut gleich. Auf dem Rückweg müssen wir uns sputen, da wir noch einige Fotos mit den Motorrädern im Abendlicht machen wollen. Die Zeit wird knapp, aber wir schaffen es noch. Als wir dann wieder zurück am Zeltplatz sind, finden wir eine interessante Überraschung, die uns zum Nachdenken anregt. In den zum Trocknen aufgehängten Tassen befinden sich ein paar Kekse, die wir da nicht hingetan haben. Waren es die Wanderer die wir unterwegs gesehen haben? Am Ufer der Lagune entdecken wir Reifenspuren, die nicht von uns stammen können. Das Profil ist eindeutig von einem Heidenau K60 Scout. Das grenzt die Möglichkeiten schon stark ein: Wir tippen auf Joey und Daniel, die unserer Meinung nach noch einen Tag hinter uns sein sollten, aber meist schneller als wir unterwegs sind.

Die Sonne ist gerade aufgegangen, da treibt es Ulli und mich schon aus dem Zelt. Bevor es heute wieder bergab geht, wollen wir noch einmal hochhinaus und einen Teil des Berges bis zu einem Aussichtspunkt besteigen. Die Höhenluft erschwert den Aufstieg und wir müssen über grobes Geröll klettern, was zusätzlich an den Kräften zehrt. Es hat sich jedoch gelohnt. Dank gutem Wetter können wir beinahe alle Gipfel sehen, die sich um die Lagune reihen. Wieder zurück bei den Zelten, traut sich Ulli noch in das „saukalte“ Wasser. Mit Juan und Mateo machen wir noch eine gemeinsame Fotosession am felsigen Rand der Lagune und dann geht es wieder zurück nach Caraz. (Eines der Fotos hat es auch in den 2016er Horizons Unlimited Kalender geschafft – www.horizonsunlimited.com/store/calendars/2017-calendar


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