Costa Rica

10.-17. Juni 2015
 
Schon beim Grenzübergang kündigte sich an was uns in Costa Rica, der „Schweiz Zentralamerikas“ erwarten würde: viel Regen und hohe Preise. Einige Male laufe ich mit unseren Dokumenten im Regen hin und her, um zu suchen wo wir die Versicherung kaufen können und um die üblichen Kopien zu machen. Nach 3 Stunden ist alles erledigt und wir können endlich ins Land einreisen.
 
Unsere erste Anlaufstelle ist eine von zwei Schweizern geführte Finca, nicht weit hinter der Grenze. Dort können wir unser Zelt unter einem Vordach aufstellen und entkommen so dem Regen. Wir treffen hier zufällig zwei Deutsche wieder, die wir in El Salvador am Strand zum ersten Mal mit ihrem Campingfahrzeug gesehen hatten. Es sind noch zwei andere Deutsche mit eigenem Fahrzeug da und so sitzen wir an unserem ersten Abend in Costa Rica in deutscher Runde und bekommen von unseren Gastherren Schweizer Küche gereicht. Während dieser wohltuenden Stärkung erzählt uns der Schweizer, welcher vor einigen Jahren nach Costa Rica eingewandert ist, über sein Leben hier. Er berichtet vor allem von den Schattenseiten. Es sei schwer, zuverlässiges Personal zu finden und an vertrauensvolle Freundschaften mit Costa Ricanern sei nicht zu denken. Die Mentalitätsunterschiede sind einfach zu groß.
 
Am Morgen schwingt sich eine ganze Affenbande nahe unserem Zelt durch die Bäume. Die Hunde spielen verrückt und würden am liebsten die Bäume hinauf klettern. Es kam wohl schon vor, das ein Affe vom Baum fiel und von den Hunden getötet wurde.
 
Wir hatten von einer deutschen Bäckerei gehört, in der viele Motorradreisende einkehren, da der Besitzer auch begeisterter Motorradfahrer ist. Sie befindet sich am Lago Arenal, nahe des Vulkans Arenal. Auf den letzten 10 Kilometern vor der Bäckerei machen große Werbeschilder auf die German Bakery aufmerksam und lassen unsere Vorfreude auf „richtiges“ Brot weiter ansteigen. Den „Brotzeitteller“ mit Käse und Wurst lassen wir uns richtig schmecken. Im Laden gibt es sogar Ritter Sport Schokolade, doch bei $4 bleibt sie leider im Schrank stehen. Am Seeufer finden wir einen Platz für unser Zelt, seit langem schlagen wir es wieder „wild“ auf. Von weitem sehen wir schon das Unwetter herannahen und mit dem abspannen des Tarps über unseren Unterschlupf fällt auch schon der erste dicke Tropfen des stundenlang anhaltenden Regens. Am Morgen begrüßt uns ein Tausendfüßler, der in meiner Motorradhose herumkrabbelt.
 
Die Fahrt um den Lago Arenal macht auf der kurvenreichen und verkehrsarmen Straße viel Spaß. Der gleichnamige Bilderbuch-Vulkan, der bis vor einigen Jahren noch regelmäßig Lava gespuckt hat, ist derzeit leider nicht aktiv, aber dennoch schön anzusehen, wie er aus dem Dschungel hinausragt. Die Fahrt nach San Jose führt uns weiter über den „Todespass“, eine kurvige Asphaltstraße durch die Berge, die ihrem Namen auf Grund der oft harschen Wetterbedingen hat. Bei dem extrem dichten Nebel ist nur eine sehr langsame Fahrt möglich. An ein Überholen der schleichenden LKWs ist kaum zu denken, zumal auch in diesem Land viele Leute kein Licht am Auto haben oder nicht wissen wie und wann man es benutzt. Später fängt es an derart zu regnen, das wir gezwungen sind anzuhalten.
 
Nahe von San Jose hat uns eine Freundin ein Paket aus der Heimat hinterlegt. In dem Reisebüro holen wir uns also unsere neuen Hosen und Gummibärchen ab, quasi ein „Ostpaket“. Danke dafür nochmal an Leslie. Endlich in der Hauptstadt angekommen, suchen wir den Buchladen, indem der Sohn unserer Servas-Gastgeberin Carmen wohnt. Diese wollten wir besuchen, um unsere Mitgliedschaft für die internationale Austauschorganisation zu verlängern. Nur mit einem gültigen Stempel auf dem Papier können wir potenzielle Gastgeber kontaktieren. Er ruft seine Mutter an, damit sie uns abholt. Carmen kommt zu Fuß, scheinbar hatte sie überlesen dass wir mit den Motorrädern kommen. Es regnet schon wieder und es wird dunkel, eine Entscheidung muss her, ob wir bei ihr unterkommen können oder nicht. Wir hoffen, dass sie uns trotzdem akzeptiert, denn wir sind von der Tagesfahrt ziemlich platt und wie die Unterkunftspreise hier in der Stadt sind, wollen wir uns gar nicht ausmalen. Mutter und Sohn diskutieren, ob die Bikes in den Vorgarten passen, auf der Straße könnten wir sie aus Sicherheitsgründen unmöglich stehen lassen. Der Sohn ist überzeugt, dass wir die Bikes ins Haus schieben könnten. Carmen nimmt also ein Taxi und wir fahren hinterher. In der Straße, in der sie wohnt, sind alle Häuser und deren Vorgärten mit Gittern abgesichert. Wir sehen auf den ersten Blick, dass wir die Bikes niemals durch die Tür ihres Hauses bekommen würden und selbst wenn es gehen würde, wäre die Wohnstube nicht mehr nutzbar und wir würden sie komplett mit den nassen Bikes einsauen. Carmen organisiert uns in der Garage vom Nachbar eine Unterstellmöglichkeit für die Bikes. Für diese Nachbarschaftshilfe berechnet er allerdings 11 Dollar für zwei Nächte.
 
Carmen ist eine hartgesottene und fidele 81-Jährige die genau weiß was sie will. Bei manchen ihrer Kommentare können wir kaum sagen ob es Ernst oder Spaß ist. Im Grunde ist sie eine herzensgute Frau mit genauen Vorstellungen wie die Dinge zu sein haben. Den nächsten Tag machen wir mit ihr einen Stadtrundgang in der Innenstadt von San Jose. Nachdem wir eine ganze Zeit umhergelaufen sind, gönnen wir uns alle einen Hot Dog und machen uns auf den Rückweg. Als es anfängt zu regnen, flitzt Carmen plötzlich los in Richtung Bus, so wie wir es noch nicht von einer über 80-jährigen gesehen haben. Als wir durch ihr Viertel laufen, schlägt sie spontan, ohne ein Wort zu sagen, eine auf der Mauer liegende Cola Dose mit ihrem Regenschirm auf die Straße. Ich schaue rüber zu Stephan und sehe dass er genauso in sich reinschmunzeln muss wie ich. Streng gläubig schaut sie die Sonntagsmesse im Fernseher, hängt dem Priester an den Lippen und spricht an einigen Stellen mit. Nach zwei Nächten verabschieden wir uns wieder. Da wir nicht viel länger in Costa Rica bleiben wollen, haben wir uns für ein Ziel entschieden: den Mauro Antonio National Park. Der Corcovado Nationalpark wäre eigentlich unser Favorit gewesen, doch mussten wir erfahren, dass man diesen mittlerweile nur im Rahmen teurer Touren besichtigen kann.
 
Bezüglich des Manuel Antonio Parks war uns eigentlich vorher schon klar, dass wir in einer Touristenhochburg landen würden. Wir hatten jedoch auf eine üppige Tierwelt gehofft, eine Erwartungshaltung die sich auch bei einem Tageseintritt von $16 pro Person aufbaut. Die Ausbeute hielt sich allerdings in Grenzen. Wir sehen ein paar kleine Äffchen, Echsen und Waschbären welche die Mülltonnen am Strand plündern. Faultiere und größere Echsen entziehen sich leider unseren Blicken. Damit sich der Parkbesuch wirklich lohnt, hätten wir uns einen Guide nehmen müssen. Die wissen genau, wann sich wo welche Tiere an ihren Stammplätzen aufhalten und haben ihre Fernrohre dabei. Leider kostet solch ein Guide $20 pro Person. Im Grunde hätten wir einen Guide nehmen müssen oder es ganz lassen sollen. So waren wir entsprechend unseren anfangs hohen Erwartungen etwas enttäuscht. Dennoch ist der traumhaft an der Küste liegende Park einen Besuch wert, vor allem wenn man gerne in paradiesischer Umgebung baden geht.
 
Wir sagen schon wieder „Good Bye“ zu Costa Rica. Wir haben das Land nicht wirklich kennengelernt. Es enthält viele Naturschätze, die aber mittlerweile entweder touristisch voll erschlossen und dementsprechend teuer und überlaufen sind, oder sie sind so unzugänglich, das wir nicht hinkommen.
 
Costa Rica ist das erste Land Zentralamerikas, welches es geschafft hat, seine Naturschätze zu verkaufen und international zu vermarkten. Zusätzlich von US-Amerikanern unterwandert, ist nicht mehr viel Ursprüngliches vom Land erhalten geblieben. Es ist das perfekte Reiseland für Urlauber mit viel Geld, welche All-Inklusive Angebote mögen, um entspannt Natur zu erleben ohne ihr ausgesetzt sein zu müssen. Es gibt etliche „Adventure“ Tour Angebote, doch wie wir wissen, sind Abenteuer die man kaufen, meistens keine. Auf der anderen Seite haben wir einen Termin: unseren Flug nach Kuba von Panama City aus. So kommt es, dass wir das Land, welches wir vor Antritt der Reise als eines der Hauptziele Zentralamerikas gesehen haben, nach nur einer Woche wieder verlassen. Das Land hat sicherlich viel zu bieten, nur haben wir hier für uns nicht gefunden, was wir gesucht haben.
 


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