Verhängnisvolle Bekanntschaft

Riverside – Verhängnisvolle Bekanntschaft

(17. – 24. November) Bei dieser Bekanntschaft handelt es sich um Cassiano, der gemeinsam mit zwei Freunden aus Brasilien von Riverside aus zum nördlichsten auf einer Straße zu erreichenden Punkt Alaskas gefahren ist – Prudhoe Bay – und zurück.

___cassiano

 

Kennengelernt haben wir ihn im Yellowstone Nationalpark, als wir uns um Fotos von Hirschen zu schießen, eine Einbahnstraße in die nicht bevorzugte Richtung gefahren sind, da ich die Hirsche erst im Vorbeifahren gesehen hatte. So mussten wir also zurück zu einer kleinen Parknische und da standen der Nitro und seine Insassen. Bevor wir überhaupt zum Fotografieren kamen, waren wir bereits in ein Gespräch verwickelt. Leider konnten seine Mitfahrer, die für die Tour durch den Park von den Bikes in das Auto umgestiegen sind, kaum Englisch und wir noch zu wenig Spanisch bzw. kein Portugiesisch, sodass ein Großteil des Gesprächs über Cassiano lief. Er fuhr mit seinem Dodge Nitro und seine Freunde mit 2 Kawasaki KLR 650. Die gesamte Strecke legte das Team in weniger als einem Monat zurück. Das ist zwar nicht unsere Art zu Reisen aber dennoch ziehen wir den Hut vor dieser Leistung. Für uns ist das kaum vorstellbar, aber nachdem er uns klar macht, dass so ziemlich das gesamte Gepäck der Beiden im Auto war, können wir uns gut vorstellen wie die Drei über die Piste gefegt sind. Da sie am Ende des Tages auch keinen Zeltplatz suchen mussten und in Hotels übernachteten, konnten sie länger am Tag fahren als es bei uns möglich ist. Somit konnten sie am Tag deutlich mehr Kilometer hinter sich bringen. Aber wie schon gesagt, ist das ist nicht unsere Art zu reisen. Nach den Fragen woher und wohin stellte sich schnell heraus, dass wir quasi auf dem Weg in den Süden bei ihm vorbeikommen und so lud er uns spontan ein, ihn in zu besuchen, wenn wir in der Nähe sind. Und da sind wir nun.

Für genügend Gesprächsthemen ist hier ohne Zweifel gesorgt. Den ganzen Abend können wir über das Erlebte philosophieren und keinem wird dabei langweilig, da all die Erlebnisse noch einmal am geistigen Auge vorbeiziehen. Etwas später gesellt sich dann auch Mariana zu uns, die gerade von der Arbeit aus ihrem brasilianischen Restaurant nach Hause kommt. Etwas von einer Erkältung angeschlagen und von der Arbeit geschafft, nimmt sie sich trotzdem die Zeit in den Plausch mit einzusteigen. Da es allerdings schon recht spät ist, vertagen wir unsere Gespräche wenig später auf morgen.

Bereits im Vorfeld haben wir in Absprache mit Cassiano neue Vorderreifen bestellt und zu ihm liefern lassen, sodass wir den Vormittag genug zu Tun haben. Ich will zwar nicht von Routine sprechen, aber langsam gelingen uns die Reifenwechsel immer besser bzw. einfacher. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es die Vorderreifen sind, die generell besser zu montieren sind. Besonders von Vorteil ist, dass wir hier einen Kompressor zur Verfügung haben und nicht selbst pumpen müssen. Die verbleibende Zeit nutzen wir wieder für unseren Blog und die Kommunikation in die Heimat. Am Abend besuchen wir Marianas Restaurant und treffen uns dort mit 3 Freunden von Cassiano. Einer davon heißt Markus und kommt aus Freiburg. Gemeinsam können wir nun deutsch sprechen und die 3 Brasilianer auf die Schippe nehmen, so wie sie es immer mit ihm gemacht haben. Aber das ist alles nur Spaß. Gemeinsam lassen wir uns das leckere brasilianische Buffet schmecken.

Den nächsten Morgen beginnen wir mit einem ausgiebigen Frühstück und reden mehrere Stunden ohne zu merken wie die Zeit vergeht. Dieses Mal aber weniger über die Motorradreisen, sondern eher über Brasilien und Deutschland. Dabei machen uns die Beiden ihr Heimatland so richtig schmackhaft. Eigentlich war ein Besuch von Brasilien nicht in unserer Planung vorgesehen, aber langsam kommen wir ins Grübeln, ob es vielleicht nicht mehr Sinn macht den südlichsten Teil unserer Strecke für einen Besuch in Brasilien zu opfern. Wir werden sehen was die Zeit bringt. Eine Planung so weit im Voraus macht nach unseren derzeitigen Erfahrungen eh kein Sinn, da sich Pläne ständig ändern. Nach dem langen Gespräch machen wir uns auf den Weg in die Stadt um einige Besorgungen zu machen. Dazu zählt zum Beispiel der Kauf einer kleinen Kamera für Mexiko, um nicht immer mit den großen Spiegelreflexkameras rumzulaufen, die die Wahrscheinlichkeit eines unfreiwilligen Eigentumswechsels deutlich vergrößern würden. Wir entscheiden uns für die Canon SX700 HS mit 30fach Zoom und einer gescheiten Bildqualität. Natürlich ist die nicht mit den DSLRs zu vergleichen, macht aber einen guten Job. Auf unserer Liste stehen dann auch noch ein paar Landkarten für Zentral- und Südamerika, da diese vor Ort nur selten und wenn dann nicht in gewünschter Qualität vorhanden sein sollen. Aber auch Saure Eier stehen wieder einmal auf dem Speiseplan, sodass wir auch diese Zutaten einkaufen. Den Tag lassen wir dann wieder bei einer ausgiebigen Gesprächsrunde ausklingen. Immer wieder kommen wir auf schöne Orte in Brasilien zu sprechen und immer mehr grübeln wir, wie sich dies auf unsere Reiseplanung auswirken wird.

Auf so einer langen Reise soll es dann auch vorkommen, dass man seinen Geburtstag nicht wie üblich zu hause mit Familie und Freunden feiert, sondern bei Fremden. So ist es dann auch an diesem Donnerstag, ich habe Geburtstag. Aber Fremde sind Cassiano und Mariana schon lange nicht mehr. Es ist eher erstaunlich wie gut wir uns in den letzten Tagen kennengelernt haben, fast schon wie gute alte Freunde. Deshalb sollte es mich eigentlich nicht verwundern, als Cassiano plötzlich mit einem kleinen Geschenk für mich um die Ecke kommt. Dennoch bin ich sehr erstaunt und als ich dann auch noch ein kalifornisches Nummernschild auspacke, bin ich mehr als nur gerührt, fast schon den Tränen nahe. Damit hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Und wie selbstverständlich gab es auch noch einen verdammt leckeren Geburtstagskuchen.
Vielen Dank für diese schöne Überraschung!
Später am Tag kümmern wir uns noch um eine Versicherung für die Bikes in Mexiko. Ein Freund von Cassiano macht uns ein gutes Angebot, jedoch ist das nicht so einfach, dass wir am Montag noch mal vorbeikommen sollen. Theoretisch kann man die Versicherung auch in Mexiko an der Grenze abschließen, diesen Stress wollten wir uns aber ersparen, da wir dort genug andere Formalitäten erledigen müssen.

Am Wochenende fahren wir in einen Motorradladen, da sich Cassiano eine neue Motorradjacke kaufen will. Der Laden ist riesengroß und würde vermutlich jedem Biker in Deutschland das Herz höher schlagen lassen. Es ist einfach genial so viele unterschiedliche Marken an einem Ort zu finden, da kann man die Passform, Funktion und Optik genau vergleichen und muss nicht erst zwischen verschiedenen Läden hin und her fahren. So ist es kein Wunder, dass er eine passende Jacke findet. Auch wir holen uns etwas Ersatzbremsflüssigkeit, da unsere nun schon vor über 6 Monaten geöffnet wurde, als wir unsere Teneres in Deutschland vorbereitet hatten und machen uns dann auf den Weg zurück. Kurz ausruhen und dann geht es weiter nach San Diego zu einem BMW-Händler. Nein, wir wollen keine neuen Bikes! Wir haben von Randy, der uns für später eine Unterkunft in San Diego organisiert hat, gehört, dass ein deutsches Pärchen, was ebenfalls auf einer Motorradtour ist, dort ihr Reise-Video zeigen will. Dort angekommen kribbelt es Cassiano richtig unter den Fingern, als er all die netten Bikes dort sieht. Wir kommen ebenfalls aus dem Staunen nicht heraus, als wir die Bikes der Reisenden erblicken, um genauer zu sein, deren Nummernschilder erkennen: „DD“ (Dresden) steht da drauf. Das ist ja mal ein Zufall. Schnell schauen wir uns um, wo die Besitzer der Bikes stecken und erblicken zuerst Joey. Sofort kommen wir mit ihr ins Gespräch und auch sie ist etwas überrascht Besuch aus der Heimat hier zu haben. Daniel sehen wir wenig später als er beginnt seinen Film anzumoderieren. Sein Film “Somewhere Else Tomorrow” ist einfach nur genial und sorgt für Gänsehaut bei mir.

Wenn wir nicht schon auf der Reise wären, wären wir es mit Sicherheit nach diesem Film. Die Kameraführung beeindruckt mich sehr und ich frage mich wie ich einige Sachen auch für uns nutzen kann. Leider fehlen mir hier einfach die Übung und manchmal sicherlich auch die Motivation. Denn manchmal ist es schon zu viel, zu stoppen und die Kamera für ein Foto heraus zu holen. Wie soll das dann erst mit dem Filmen werden? Aber auch die Story und deren Erzählweise gefallen mir sehr. Ich bin schon sehr auf eine Fortsetzung gespannt. Nach dem Film haben wir nur noch kurz Zeit zu plaudern, da noch viele Interessierte mit den Beiden sprechen wollen. Zum Glück haben wir am Montag noch mal die Chance die beiden wiederzusehen und uns dann ausführlicher zu unterhalten.

Die für den Sonntag geplante Fahrt zum Joshua Tree Nationalpark fällt wegen starkem Wind aus. So können wir mal wieder eine Datensicherung der Fotos machen und ein Paket mit Souvenirs und einer externen Festplatte zusammenstellen, welches wir am Montag per Post in die Heimat schicken können. Auch die letzten Abende haben wir uns ausdauernd mit den beiden Brasilianern unterhalten. Oft ging es um die schönen Gegenden in den jeweiligen Heimatländern, die man mal gesehen haben sollte. So schüren Cassiano und Mariana immer mehr unser Interesse an Brasilien. Ein paar Lektionen mit Deutschunterricht sind ebenfalls Teil der Unterhaltung, was besonders gut bei Mariana ankommt. Obwohl wir noch gar nicht losgefahren sind, vermissen wir jetzt schon die Beiden und unsere Gesprächsrunde am Abend. Wer hätte das gedacht, dass aus einem kurzen Plausch im Yellowstone Nationalpark in so kurzer Zeit eine so intensive Freundschaft entstehen kann. Wir hoffen die beiden bald wiederzusehen, sei es auf der Piste, wenn Cassiano mit seinen Freunden den Weg nach Süden bestreitet, oder in Brasilien, falls wir es schaffen unsere Pläne dementsprechend anzupassen oder in Europa, falls die beiden hier mal Urlaub machen.

Früh am Montagmorgen verabschiede ich mich von Cassiano, der zeitig zur Arbeit muss. Ulli und Mariana schlafen noch. Einige Stunden später verabschieden wir uns auch von Mariana und machen uns auf den Weg in die Stadt, um das Paket mit den Souveniren und der Datensicherung sowie ein kleines Päckchen mit auf der Reise gesammelten Samen von Bäumen für einen Freund abzuschicken. Der Abschluss der Motorradversicherung für Mexiko steht auch noch auf dem Plan. Bei der Post geht es leider nicht so reibungslos wie wir erhofft haben, da wir, man kann es kaum glauben, das falsche Klebeband genommen haben, um das Paket zuzukleben. Dies ist in unseren Augen mehr als lächerlich, aber darüber möchte ich mich hier gar nicht weiterführend auslassen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als das von uns verwendete graue Tape zu entfernen und durch das „besonders günstige“ Paketklebeband der Post zu ersetzen. So ein Schwachsinn! Nachdem wir diese Herausforderung nun auch gemeistert haben, fahren wir auf kürzestem Weg nach San Diego zu Dennis und Karen. Diesen Kontakt hat uns Randy, der das Forum der San Diego Adventure Riders betreibt, vermittelt. Aber Randy kennen wir eigentlich auch erst seit der Filmvorführung von Daniel und Joey persönlich. Zuvor hatte der Bruder von Susan, die wir im Jasper Nationalpark in Kanada kennengerlernt hatten, den Kontakt zu Randy hergestellt. Dieser wiederum dachte bei unserer ersten Kontaktaufnahme, dass wir Daniel und Joey sind. Es kommt halt nicht all zu oft vor, dass in San Diego gleich 2 deutsche Motorradreisepärchen bei einem anklopfen.

 


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