Zwangspause: Ein Ende ist in Sicht

IMG_2741_klein

Am Samstag, den 7. Februar ist es dann endlich so weit, unser Paket ist zur Abholung bereit. Schnell machen wir uns auf den Weg zur Post und holen das Paket ab. Zum Einbau kommen wir aber an diesem Wochenende nicht mehr, da wir am Sonntag wieder zu einem Ausflug mit Eladio und Mirella verabredet sind. Dieses Mal geht es zum Pico de Orizaba in dessen Nähe auch eines der größten Teleskope seiner Art steht. Dieses wurde in Deutschland in Zusammenarbeit mit der Universität Mainz entwickelt. Bevor es aber zum höchsten Berg Mexikos geht treffen wir noch, Arely und Cristobal, Freunde von Mirela und Eladio. Gemeinsam fahren wir auf der Ladefläche eines Pickups zu einer nahegelegenen „trockenen Lagune“, welche an einen Krater von einem Meteoreinschlag erinnert. Die Entstehung dieser Krater ist aber bisher noch unklar. Bei sengender Hitze steigen wir in den Krater hinab und nachdem wir uns etwas umgesehen haben wieder hinauf. Zum Abschied bekommen wir noch ein Dominospiel aus Onyx und Ulli, den zum Sonnenschutz getragenen Strohhut geschenkt. Dann geht es aber in einer abenteuerlichen Fahrt der Spitze des Orizabas entgegen. Diese liegt in einer Höhe von 5636m. So hoch kommen wir natürlich nicht und für einen kompletten Aufstieg fehlt uns sowohl die Zeit als auch das Equipment, sodass wir auf halber Höhe ein wenig herumwandern und wenig später die Heimreise antreten. In Puebla angekommen, werden wir zum Abendessen bei Freunden eingeladen und schauen uns noch ein Feuerwerk an, welches nicht mit den europäischen Höhenfeuerwerken verglichen werden kann. An einem großen Drahtgestell befestigte Feuerwerkskörper erzeugen beim Verbrennen die unterschiedlichsten Formen und kreischen beziehungsweise heulen dabei so laut, dass das Ansehen fast schon keine Freude mehr bereitet. Besonders Ulli kann den letzten Stunden kaum noch etwas abgewinnen. Schmerzen und Müdigkeit plagen sie zunehmend. Das sieht ganz nach dem Anfang einer Grippe aus. Mir hingegen geht es langsam wieder besser und der Husten ist deutlich zurückgegangen.

Am Montag wechseln wir dann das Federbein an Ullis Tenere. Was leider sehr viel Arbeit bedeutet und deutlich leichter hätte sein könnte. Um an die obere Schraube des Dämpfers zu gelangen muss quasi das halbe Heck zerlegt werden, damit man das Endschaldämpfer entsprechend entfernen kann. Theoretisch wäre die ganze Prozedur auch in rund 10 Minuten möglich, wenn man besagte Schraube von der anderen Seite erreichen würde. Hier ist aber die Airbox. Einige Bastler haben deshalb in die Airbox ein Loch gebohrt, um an die Schraube zu gelangen. Auch wir haben diese Bearbeitung in Betracht gezogen, wollten aber kein Risiko eingehen, dass die Airbox dabei undicht wird. So heißt es auch beim nächsten Mal alles abzubauen. Nachdem der Tausch geglückt war, geht es für Ulli wieder zurück ins Bett. Erschöpfung und Schmerzen sind ihr stark anzusehen. So habe ich sie noch nie erlebt.

Das zweite Federbein ist nun auch endlich eingetroffen und ich mache mich an diesem Dienstag gleich auf es abzuholen. Im Anschluss fahre ich mit Ulli zum Doc, da sie 38°C Fieber hat und dementsprechend aussieht. Die Diagnose lautet: Entzündung des Rachens. So gibt es auch für Ulli eine Packung Antibiotika. Am Mittwoch tauschen wir dann auch den Stoßdämpfer meiner Tenere in rund 2,5 Stunden. Nachdem sich Ullis Befinden immer mehr verschlechtert und das Fieber steigt, fahren wir am Abend zu einem zweiten Doktor. Dieser ändert die Medikamente uns spritzt ein stärkeres Antibiotika, aber das hilft auch nicht. Das Fieber steigt am Donnerstag sogar bis auf 40°C an. Sodass wir erneut einen Doktor aufsuchen. Dieses Mal ist es ein Freund der Familie dessen „Praxisgebühr“ im Verhältnis zu den beiden anderen deutlich höher ist. Nachdem er die verordneten Medikamente sieht, schüttelt er nur mit dem Kopf und klärt uns über die hiesigen Praktiken der Ärzte auf, die meistens Hand in Hand mit den Apotheken oder Pharmakonzernen arbeiten. Ullis Dosis an Antibiotika wird noch einmal aufgestockt und die restlichen Medikamente ausgetauscht. Nachdem mein Husten in den letzten Tagen wieder zugenommen hat, lasse ich mich auch gleich noch mal durchchecken und bekomme, wie sollte es auch anders sein noch mal Antibiotika. So können wir uns die nächsten Tage die Spritzen gegenseitig hin die Hintern jagen. Obwohl unsere Bikes nun wieder funktionstüchtig sind, wollen und können wir unsere Reise so noch nicht fortsetzen. Die nächsten Tage verbringen wir also im Bett und kurieren uns aus. Tag für Tag geht es uns besser. Ullis Temperatur nähert sich nach einigen Tagen wieder der Normaltemperatur an, dennoch brauchen wir beide noch ein paar Tage, um den Husten wirklich los zu werden. Genug Zeit also um ein Paket für die Heimat fertig zu machen, in welchem wir die zahlreichen Geschenke, die uns bisher in Mexiko gemachten, wurden sowie eine Datensicherung unserer Fotos nach Hause schicken können.

Leider blieb der Tot von Rossis Oma nicht der einzige Schicksalsschlag in diesen Tagen. Rossis Neffe Fernando verbrannte sich bei einem Unfall auf Arbeit so schwer, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Trotz anfänglicher Hoffnung erlag er seinen Verletzungen nach einigen Tagen. Aus diesem Grund stellte Rossi nach hiesigem Brauch neun Tage lang ein Kreuz und ein Foto von Fernando, umgeben von vier Kerzen, im Wohnzimmer auf. In den nächsten neun Tagen kommen Verwandte und Bekannte um von ihm Abschied zu nehmen. Am neunten Tag wird das Kreuz in einer feierlichen Zeremonie vom Boden aufgehoben und zum Friedhof gebracht.

Nun sind wir bereits so lange in Mexiko, dass uns Rajiv, der Fahrradfahrer, den wir in Kanada kennengelernt haben, hier wieder eingeholt hat. Mit ihm treffen wir uns dann auch in der Stadt und lassen unsere Erlebnisse auf der Strecke Revue passieren. Mal sehen wann wir uns wiedersehen.

So langsam fühlen wir uns wieder so gut, dass wir an die Weiterreise denken. Bevor es aber so weit ist, schaue ich mir mit Toni noch den Karneval an. Die bunten Umzüge sind mit denen in Deutschland kaum zu vergleichen. Vor allem das Schießen mit den Pulverbüchsen ist nett anzusehen, macht aber auch ein wenig Angst. Die Dinger sind richtig laut und mit Sicherheit auf kurze Distanzen nicht gerade ungefährlich. Wenn es dann noch zu einer Schießpulverexplosion kommt, geht es erst richtig rund. Am Wochenende sind wir alle zum 15. Geburtstag von Tonis Cousine eingeladen. Und eh man sich versieht, ist noch eine Woche rum. Eigentlich wollten wir in den nächsten Tagen wieder die Straßen unsicher, aber es kommt anders. Ulli entdeckt auf ihren Mandeln einen weißen Belag, der nichts Gutes vermuten lässt. Sicher ist sicher und da Ulli schon mal Pfeiffersches Drüsenfieber hatte, gehen wir noch mal zu Arturo, den zuletzt besuchten Arzt. Er diagnostiziert eine erneute Rachenentzündung (Pharyngitis), da wir aber endlich weiter wollen und es Ulli deutlich besser geht, lässt sich Ulli dieses Mal Antibiotika verschreiben, die man nicht spritzen muss, sodass wir auch unterwegs die regelmäßige Einnahme gewährleisten können. Nach drei Tagen sehen die Mandeln schon deutlich besser aus und eine letzte Untersuchung bei Arturo am Montagmorgen gibt uns grünes Licht für eine Weiterfahrt. Nachdem wir nun alle Wehwehchen auskuriert und unsere Bikes wieder in Schuss gebracht haben, soll es nun endlich weiter gehen.
Aus 2 Übernachtungen wurden 6 Wochen. Diese waren dank Toni, Rossi und ihren Familien keinesfalls langweilig. Im Gegenteil, quasi als Teil der Familie haben wir sehr viele private Dinge (Hochzeit, Geburtstag, Taufe und Beerdigung) erlebt, die wir als normale Reisende so nie kennengelernt hätten.

Für all das Erlebte und die grenzenlose Gastfreundschaft möchten wir uns hiermit nochmals bedanken. Es ist alles andere als normal 2 wildfremde Menschen 6 Wochen zu beherbergen.

 


Posted in Mexiko by